Testbericht B&O Play H8 - Klappe halten deluxe

Arghs, was für eine Eröffnung soll man nur nehmen, wenn die bestmögliche schon bei einem früheren Artikel zu diesem Thema verbraten wurde? Ach was soll’s, nehm ich halt die hier. Ich hatte ja schon im April geschrieben, dass ich manchmal das Bedürfnis habe, der ganzen Welt zu sagen, dass sie jetzt mal endlich ihre VERDAMMTE FRESSE HALTEN SOLL!! Nun bin ich zwar verdammt laut, wenn ich schreie, aber 7 Milliarden Menschen niederbrüllen, sorry, das übersteigt selbst die Kapazität meiner Lungenflügel. Also muss es hierbei wohl oder übel auf Kopfhörer hinauslaufen, am besten welche mit Aktiver Schallunterdrückung.
Och nee, oder? Echt jetzt? Zu dem Thema gab’s doch schon einen Artikel, oder? Exakt, allerdings hat sich seitdem etwas geändert, nicht zuletzt die Tatsache, dass ich wieder einen Job habe, und zwar einen, der einen recht ansehnlichen Gehaltsscheck mit sich bringt. Daher habe ich mir gedacht, warum sollte ich mich nicht auch mal belohnen? Also hab ich angefangen, mich nach einem neuen Satz Kopfhörer umzuschauen, wieder mit Aktiver Schallunterdrückung, oder ANC (Active Noise Cancellation). Bose war bei mir gleich aus dem Rennen, da die Marke für mich immer noch den Duft von Rentnerlautsprechern verströmt, da deren Werbung oft in der ADAC Motorwelt zwischen Treppenliften und Heizdecken zu finden ist. Mein Auge lag eher auf einer anderen Marke, einer, die in meiner Familie einen fast mystischen Ruf hat: Bang & Olufsen.
Wer jetzt meint ich sei endgültig komplett übergeschnappt, der kann damit durchaus recht haben. Schließlich ist die Lautsprecherschmiede aus Dänemark berühmt für ihre extravaganten und hochwertigen Lautsprecher und Stereoanlagen, und berüchtigt für ihre Preise, die im oberen vierstelligen Eurosegment normalerweise erst anfangen. Allerdings hat sich auch im Hause Bang & Olufsen mittlerweile herumgesprochen, dass man in dieser Nische, so bequem sie auch sein mag, auf Dauer nicht allzu glücklich wird. Aus dieser Einsicht heraus ist B&O Play, manchmal auch als Beoplay bezeichnet, entstanden, quasi die Consumer-, oder Budget-Marke von Bang & Olufsen. Wer jetzt allerdings meint, dass man es jetzt hier mit einer Art Ryanair unter den Kopfhörern zu tun bekommt, der irrt. Der markentypische Fokus auf Qualität und Design wird beibehalten. Allerdings sind die Einstiegspreise für Beoplay-Geräte mit 129€ für den Form 2i geradezu erschwinglich im Vergleich zur Hauptmarke. 
Ich gebe zu, dass ich zuerst, noch von einer gewissen Fiskalen Vorsicht geprägt, “nur” an die Beoplay H3 ANC gedacht hatte, In-Ear-Ohrstöpsel mit Aktiver Schallunterdrückung. Dann ist mir allerdings ein Angebot bei Amazon aufgefallen, bei dem ich nicht nein sagen konnte, und so wurden aus den H3 auf einmal die H8, das absolute Oberklassemodell von Beoplay. Es handelt sich dabei um einen On-Ear-Bluetooth-Kopfhörer mit Aktiver Schalldämpfung. Über den Preis schweige ich lieber, weil ich weiß, was mit mir passiert, wenn der oberste Finanzdrache in der Familie Wind davon bekommt. Die Bestellung war dabei wieder einmal ein Thema für sich, da Amazon erneut nicht in der Lage war, den Artikel in die Republik Irland liefern zu lassen. Also war mal wieder der Trick mit Parcel Motel und meiner Lieferadresse in Nordirland nötig. Wie das laufen soll, wenn die Volltrottel in London den Brexit durchgezogen haben, ist mir ein Rätsel.
Das Verpackungsdesign ist unaufdringlich, ich hätte aber etwas höherwertiges erwartet.
Im Inneren hat der Kopfhörer an sich, zurecht, wie ich meine, einen Ehrenplatz.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Das Verpackungsdesign für den H8 ist zurückhaltend, auch wenn ich bei B&O eigentlich ein höhenwertiges Design erwartet hätte. Wichtig ist aber, dass die Verpackung solide genug war, um die Kopfhörer zu schützen. Sobald man die Schachte allerdings geöffnet hat, ändert sich der Eindruck schlagartig. Der Kopfhörer hat den Ehrenplatz, den er auch verdient, denn die Qualität ist einfach nur umwerfend. Der Kopfbügel ist außen mit Rindsleder überzogen, bei meinem Exemplar in einem dunklen Haselnussbraun. Die Außenseite der einzelnen Ohrhörer ist aus dunkelgrauem poliertem Aluminium, ebenso der eigentliche Bügel, obwohl dort das solide Aluminium nicht poliert ist. Die Ohrpolster wiederum bestehen aus Memoryschaum, der mit weichem Lammleder bespannt ist, in meinem Fall wiederum in Haselnussbraun. Passt ja eigentlich auch, ich hatte ja die Farbvariante “Dark Hazel” bestellt. Zugegeben, etwas Plastik ist auch dabei, aber auch dies wirkt alles andere als billig. Der H8 sieht nicht nur aus wie ein Traum, und fühlt sich auch so an, er wirkt gleichzeitig auch solide genug, dass man mit einem Panzer drüberfahren könnte. Wer das allerdings versucht, sollte sich in meinen Augen dann gleich als nächster vor besagten Panzer legen, denn es wäre nichts weiter als die Verschwendung eines hervorragenden Kopfhörers. 
Der Inhalt der Schachtel (Im Uhrzeigersinn). Der H8-Kopfhörer, das Audiokabel, das Micro-USB-Kabel zum laden, und für Firmware-Updates, die Tasche, und der Flugzeugadapter. 
Das Zubehör und die unausweichlichen Handbücher und Garantiezettel sind in separaten Pappumschlägen unterhalb des Kopfhörers untergebracht. Da hat wohl jemand bei meinem ehemaligen Arbeitgeber gespickt. ;) Stichwort Zubehör, das hält sich in Grenzen, ist aber auch ausreichend. Wir hätten da einerseits ein Micro-USB-Kabel zum Laden, ein Audiokabel, um Musik zu hören, wenn Bluetooth nicht praktikabel ist, z.B. im Flugzeug oder wenn der Akku leer ist, sowie eine Transporttasche, und einen Flugzeugadapter. Nicht viel, aber es reicht aus. Ein Minuspunkt in diesem Zusammenhang ist, dass Bang & Olufsen nur ein “normales” Audiokabel beigelegt hat, und keines mit Mikrofon und Fernbedienung, wie z.B. bei Beats. Warum das ein Minuspunkt ist? Nun, darauf komme ich etwas später zu sprechen.
Detailanblick der Kontrolleinheit auf dem rechten Ohrhörer. Die Markierungen sind nur aufgeklebt, im Regelbetrieb gibt es da nur das blanke Aluminium, und das Firmenlogo.
Was wohin gehört sollte hier eigentlich klar sein...
Egal aus welcher Perspektive,...
...der H8 sieht einfach edel aus!

Ein weiterer Anblick des rechten Ohrhörers. Der Dreiwegeschalter zum Ein-, bzw Ausschalten, sowie der Micro-USB-Port zum laden sind gut zu erkennen. etwas dahinter ist auch der Anschluss für das Audiokabel.
Erst mal zum wichtigstem bei jedem Kopfhörer: dem Klang. Nun, was soll ich sagen, der H8 hält, was der Name Bang & Olufsen verspricht. Der Klang ist kristallklar, und rasiermesserscharf definiert. Zugegeben, die Bässe sind stark betont, das ist aber nicht unbedingt schlecht, wenn ich das als ehemalige Bassstimme mal so sagen darf. Ein Haus kann halt ohne Fundament nicht stehen! ;) Aber mal ohne Flachs, egal ob Mozart, Dave Brubeck, Bruce Springsteen, oder Fettes Brot, der H8 sorgt dafür, dass alle gut klingen. Und selbst bei lieb gewonnenen Stücken, die man seit Jahren hört, entdeckt man immer wieder neue Facetten. Zugegeben, einige audiophile werden mit Sicherheit auch beim H8 etwas zu meckern finden, aber für all jene, die einfach nur ihre Musik genießen wollen, ohne sich beim verlegen der Lautsprecherkabel an den Mondphasen zu orientieren, sollte der Klang mehr als ausreichen. In meinen Augen jedenfalls ist er dem Oberklasseanspruch von Bang & Olufsen mehr als würdig. Hand in Hand mit dem Ton geht bei diesem Kopfhörer natürlich auch die Aktive Schallunterdrückung. Und diese ist genau so erstklassig wie der Klang. Ich habe die Kopfhörer bis jetzt in meiner Wohnung, im Bus, im Büro, in der Wohnung meiner Eltern, in gut besetzten Cafés, sowie im Flugzeug getestet, und in all diesen Szenarien war entweder von der Umgebung gar nichts mehr zu hören, oder nur noch so wenig, dass man sich voll und ganz auf die Musik konzentrieren konnte. Allein als Schallschutz ist der H8 weniger gut geeignet, das ist aber wiederum auch eine Verschwendung des Potentials dieses Kopfhörers.
Kommen wir mal zur Bedienung. Hat irgendjemand auf den bisherigen Bildern die Schalter für Wiedergabe/Pause, Nächster Titel, oder zur Lautstärkeregelung gesehen? Nein? Wirklich nicht? Kein Wunder, es gibt sie nämlich nicht. Die komplette Aluminiumoberfläche des rechten Ohrhörers ist eine Touch-Oberfläche, im Bluetooth-Modus kann die komplette Audiowiedergabe durch Gesten auf dem Kopfhörer gesteuert werden, was nach einiger Eingewöhnung auch ganz gut klappt. Das große Manko dabei: Diese Steuerung funktioniert auch NUR, wenn der Kopfhörer drahtlos im Einsatz ist. Sobald man auf kabelgebundenen Betrieb ausweicht, ist man auf Gedeih und Verderb dem Audioplayer im angeschlossenen Gerät ausgeliefert. Deswegen auch die Kritik über die fehlende Fernbedienung am Kabel. 



Was Bluetooth an sich angeht, da gibt es kaum Beschwerden. Die Kopplung sowohl mit einem MacBook Air, als auch mit einem iPad oder einem iPhone funktioniert einwandfrei, ebenso die Wiedergabe und Steuerung. Dazu, wie es bei Android aussieht, kann ich keine Aussagen treffen, mein letztes Android-Gerät wurde vor fast 3 Jahren außer Betrieb genommen. In Gebieten mit vielen aktiven Bluetooth-Geräten kann es ab und an mal zu Störungen kommen, das ist aber auch zu erwarten.
Ach ja, und dann gibt es da ja auch noch die App. Richtig gelesen, Bang & Olufsen stellt unter Android und iOS eine kostenlose App zur Verfügung, mit der man unter anderem die Klangfarbe an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen, und auch andere Aspekte der Kopfhörer kontrollieren kann. Neben der manuellen Einstellung der Klangfarbe über eine Funktion namens ToneTouch hat man auch eine Reihe von voreingestellten Optionen zur Auswahl. Diese findet man auch auf der Apple-Watch-App, die bei der iOS-Version für iPhones mit dabei ist. Ich kann zu dieser App nicht viel sagen, da ich sie bis dato recht selten genutzt habe. 

Erfahrungsgemäß ist der Batterieverbrauch auch am höchsten, wenn Bluetooth und ANC gleichzeitig aktiv sind. Laut Herstellerangaben hält der Akku, eine Lithium-Ionen-Batterie mit 3,7V und 700 mAh unter diesen Bedingungen maximal 14 Stunden durch. Ist nur Bluetooth aktiv, hält er 15 Stunden, und wenn man nur ANC nutzt, ohne Bluetooth, was durch einen Dreiwegeschalter ausgewählt werden kann, sind bis zu 35 Stunden drin. Nach meinen Erfahrungen passen die Zeiten ungefähr, auch wenn ich bis dato keinen ununterbrochenen Non-Stop-Test durchgeführt habe. Großer Pluspunkt beim H8 ist, dass die Batterie, wie übrigens auch die Ohrpolster, einfach ausgetauscht werden können. Da können sich andere “Premium”-Hersteller mal ‘ne Scheibe von abschneiden. Einen Minuspunkt muss es aber auch hier geben. Es gibt nämlich nicht, wie bei anderen Herstellern, eine Audiowarnung, wenn die Batterie kurz davor ist, den Geist aufzugeben. Stattdessen blinkt einfach nur die Status-LED rot, und bei der Verwendung von Bluetooth stellen sich starke Interferenzen ein. Sorry, Bang & Olufsen, bei einem Premium-Headset ist das einfach nicht gut genug.

Hier zur Abwechslung mal der Linke Ohrhörer. Hier verbirgt sich die auswechselbare Batterie.
Hier das ganze noch einmal mit geöffnetem Batteriefach.
Dies ist jedoch nur ein relativ kleiner Kritikpunkt. Im Großen und ganzen ist der Beoplay H8 ein würdiger Vertreter seines Hauses, und definitiv ein verdammt guter Kopfhörer. Ist er aber auch seinen beachtlichen Preis wert? Nun, seien wir mal ehrlich. Bang & Olufsen ist eine Marke, bei der eine Kaufentscheidung nicht allein nach ökonomischen Gesichtspunkten gefällt wird. Lautsprecher oder Kopfhörer von Bang & Olufsen sind genau so gut eine Message, ein Statement, und eine emotionale Angelegenheit. Für mich persönlich war die Entscheidung auf jeden Fall richtig, und ich würde sie auch auf jeden Fall weiterempfehlen. Ich würde sogar noch eine Stufe weitergehen und, auch wenn mir zwei gewisse Gestalten aus Speyer jetzt gleich wieder Schläge androhen, ganz klar sagen, dass der H8 nicht mein letztes Produkt von Bang & Olufsen war.

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