Zwischen Himmel und Erde - Von den Geisterhaften Erscheinungen in der Atmosphäre

Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als die Wissenschaft jemals wird ergründen können. Diese Äußerung, extrem frei nach William Shakespeare, kommt mir immer wieder in den Sinn, wenn ich nachts, weitab von Städten und größeren Siedlungen, nach oben schaue, in das Meer der Sterne, das sich über unseren Köpfen erstreckt. Es gibt aber auch Augenblicke, in denen diese Aussage über ihre Metaphysische Ebene hinausgeht, und einfach nur darlegt, wie unzureichend unser Wissen über unseren Heimatplaneten und seine Atmosphäre doch ist.
Einer dieser Augenblicke war der Morgen des 26. Juli 2013. In den Tagen zuvor war eine ungewöhnlich intensive Hitzewelle über Irland zu Ende gegangen. Cork, zumindest die Stadt, war vom schlimmsten verschont geblieben, während die irischen Midlands und der Norden der Insel teilweise von schweren Unwettern getroffen wurden. Bei einem dieser Unwetter kam es dann zu einem dieser Phänomene zwischen Himmel und Erde, die einfach nur unwirklich erscheinen, wie Wesen aus einer Zwischenwelt.
Standbilder des Sprites, der vom Observatorium in Armagh, Nordirland, aufgenommen wurde.
Die Rede ist von einem Sprite. Nein, damit ist nicht dieses Zuckerwasser mit dem angeblichen Zitronengeschmack gemeint. Ein Sprite ist in der englischen Mythologie ein Luftgeist, oder auch Kobold. Ein passender Name für diese mysteriösen Höhenblitze, die erst Ende der 1980er aus dem Reich der Theorien und Mythen in das Licht der Wissenschaft traten. Was sind aber diese Sprites nun?
Ähm ja, also..., das ist so... das ist schon genau das Problem. Man weiß bis heute nicht genau, was diese Dinger eigentlich sind. Der Wissenschaft ist bekannt, wie sie aussehen, und wann sie auftreten. Was sie allerdings genau auslöst, und was die Sprites im Innersten zusammenhält, das ist nach wie vor ein großes Rätsel. Selbst die Existenz dieser Erscheinungen war lange Zeit nicht viel mehr als eine Pilotenlegende. Bekannt ist, das Sprites sehr groß werden können. 50-90 Kilometer Höhe oberhalb eines starken Gewitters sind keine Seltenheit. Die Horizontale Ausdehnung kann ähnliche Dimensionen erreichen. Für Erscheinungen dieser Größe sind diese Sprites allerdings verdammt schwer zu fassen zu bekommen, was nicht zuletzt an ihrer hauchdünnen Struktur liegt. Um einen Sprite überhaupt zu erkennen, muss mann ihn vor einem sehr dunklen Hintergrund erwischen. Selbst dann dauert das Spektakel auch nur wenige Sekundenbruchteile, gerade lange genug um vom Menschlichen Auge wahrgenommen werden zu können.
Die erste Farbaufnahme eines Sprite, aufgenommen 1994 von einem Forschungsflugzeug der Universität in Fairbanks, Alaska.
Seit dem es Forschern der Universität von Minnesota 1989 gelungen ist, den ersten dieser Sprites fotografisch zu dokumentieren, wurden diese mysteriösen Höhenblitze tausende Male fotografiert. Wirklich näher gekommen sind wir ihnen dabei nicht. Ganz im Gegenteil, je mehr wir über diese Erscheinungen in Erfahrung bringen, desto mysteriöser scheinen sie zu werden. Man nehme allein die folgenden Fakten:
Aufnahmen mit Hochgeschwindigkeitskameras haben ergeben, das Sprites keine geschlossenen Gebilde sind, wie normale Gewitterblitze, sondern aus hunderten Kugeln ionisierten Gases, die sich spontan am obersten Ende des Sprites bilden, bevor sie sich mit bis zu 10% der Lichtgeschwindigkeit nach unten bewegen. Innerhalb weniger Millisekunden bewegt sich eine ähnliche Menge dieser Kugeln dann in die Gegenrichtung. Auf gut Deutsch heißt das nichts anderes, als das sich bei einem Sprite Plasmaprojektile mit relativistischen Geschwindigkeiten durch die obere Atmosphäre bewegen. Ach ja, noch etwas. Ein Sprite kann durchaus direkt über der auslösenden Gewitterwolke entstehen, es ist allerdings alles andere als ungewöhnlich, das diese Sprites sich mehr als 50 Kilometer entfernt vom jeweiligen Gewitter abspielen. Noch Fragen?
Sprites über Kansas, aufgenomen am 10. August 2000. Bin ich der einzige, der diese Dinger irgendwie unheimlich findet?
Was ist jetzt aber an dem Sprite von Armagh so besonders, wenn die Dinger doch schon tausende Male fotografiert wurden? Nun, aufgrund der bereits erwähnten Charakteristika von Sprites müssen besondere Gegebenheiten vorliegen, um so einen Kollegen zu erwischen. Der Blick auf die Oberseite der Wolke muss frei sein, und der Hintergrund dunkel genug, um den Sprite überhaupt erkennen zu können. Desweiteren braucht man eine entsprechend Schnelle Kamera, um diese Biester überhaupt zu fassen zu bekommen. Nicht vergessen, so ein Ereignis dauert gerade einmal ein paar Millisekunden. Zu guter letzt muss das verursachende Gewitter auch stark genug sein, um so einen Sprite überhaupt auszulösen. Irland mag zwar jede Menge Regen abbekommen, ich als zugewanderter Einwohner kann da definitiv ein Lied von singen, aber derart starke Gewitter sind in Irland mehr als ungewöhnlich. Immerhin waren die Gewitter dieser Unwetterfront stark genug, um das Krankenhaus in Letterkenny, County Donegal, teilweise außer Gefecht zu setzen. Deshalb gehört der Sprite von Armagh, der vermutlich von einem Gewitter über einem der Counties südlich der Grenze, Dundalk oder Monaghan, ausgelöst wurde, auch zu einer Handvoll von Sprites, die bis dato über den Britischen Inseln entdeckt wurden. Ein derartiges Phänomen praktisch direkt vor der Haustür erwischt zu haben ist, als würde das Unbekannte selbst an der Tür klingeln.

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