Aus aktuellem Anlass - Bundesverdienstkreuz an Leonore Kleff verliehen

Ich hätte noch vor wenigen Tagen nicht einmal im Traum daran gedacht, das ich noch einmal einen Blogpost schreiben würde, in dem ich die alten Musical-Tags von Anatevka verwende. Doch heute morgen, mitten im üblichen Stress auf der Arbeit hier in Cork, flatterte eine Email in meinen Posteingang mit dem Wort Bundesverdienstkreuz im Betreff. Als ich dazu kam, die Mail zu lesen, dachte ich zuerst, irgend ein Witzbold hätte mir LSD in den Kaffee gemischt. Leonore Kleff, die Leiterin von Jesus Christ, Superstar, und Anatevka, zwei Musicals wo ich selbst dabei war, hat das Bundesverdienstkreuz erhalten? Aber genau so ist es. Und was soll ich sagen? Es ist mehr als verdient. Über die Verdienste ist in den entsprechenden Artikeln in der Tagespresse schon einiges geschrieben, ich werde mir daher erlauben, ein paar Kommentare "aus dem Schützengraben" zu erlauben.
Das Erste Musicalprojekt, bei dem ich mit Leonore Kleff zusammengearbeitet habe, war Jesus Christ Superstar. Zu sagen, das der Start schwierig war, würde getrost als eine der größten Untertreibungen der Menschheit durchgehen, wofür mir durchaus die Verantwortung zusteht. Doch auch bei diesem ersten Projekt, bei dem übrigens mein Vater seine erste und einzige Bühnenrolle hatte, zeigte sich für mich bereits, das Frau Kleff ein Talent dafür hat, eine bunt gemischte Truppe zu führen, zusammenzuhalten, und zu motivieren. Dieses Talent konnte ich bei meinem zweiten Projekt unter ihrer Führung, dem Musical Anatevka (Fiddler on the Roof) noch einmal, und um so mehr in Aktion erleben. Es ist eben dieses Musical, das auch nicht immer glatt abgelaufen ist, das mir als Sinnbild des Talents von Leonore Kleff in Erinnerung geblieben ist. Sie hat es geschafft, dafür zu sorgen, das sich jeder als Teil des Teams fühlt, und genau dies ist auch einer der Hauptgründe, warum Anatevka in diesem Blog auch so ausgiebig dokumentiert wurde. 
Musicals sind jedoch nur eine Facette ihres musikalischen Schaffens. Bis 2014 war Sie außerdem die Leiterin des Ensembles SATuB der Sängervereinigung Nidderau, eines Chores der ein sehr ähnliches Repertoire hatte wie Intonation, mein eigener Chor im Nachbarort Schöneck. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund war Leonore mit ihrer Truppe regelmäßig zu Besuch, Besuche, die von Intonation gerne erwidert wurden. Nebenbei war Sie auch als Lehrerin an der Bertha-von-Sutter-Schule in Nidderau als Lehrerin tätig, ist im Kulturbeirat der Stadt Nidderau tätig, und selbst dies kratzt nur an die Oberfläche ihrer vielfältigen Tätigkeiten. 
Es gibt noch so viel, was es hier zu schreiben gäbe, immerhin reden wir hier von einer Schaffenszeit, die von den späten 1970er-Jahren bis heute reicht. Ich möchte hier allerdings nicht zu einer schlecht bezahlten Kopie von Spiegel Online werden und einfach nur den Inhalt von Pressemeldungen Eins zu Eins wiedergeben. Da beschränke ich mich doch lieber auf das, was ich selbst erlebt und erfahren habe. Ich habe Leonore stets als eine zielstrebige, selbstbewusste, und professionelle Frau, Chorleiterin, und Projektleiterin erlebt, als eine Person, die weiß, was Sie will, dabei aber immer zutiefst menschlich, und selbstkritisch genug ist, um aus Fehlern zu lernen, und sich auf neue Situationen einzustellen. Nicht zuletzt deshalb hat Sie es vermutlich geschafft, in der Kulturszene Nidderaus und Hessens einen derart bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Insofern ist die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes zwar nicht weniger überraschend, aber dafür umso mehr verdient. 
Es sieht außerdem so aus, als ob Leonore Kleff noch lange nicht genug hat. Schon steht das nächste Projekt in den Startlöchern, "Im weißen Rössl", das 2015 auf die Bühne kommen soll. Man mag über die Titelwahl geteilter Meinung sein, ich konnte diese Art Stoff schon nicht ausstehen, als ich selbst noch im (steirischen) Salzkammergut gelebt habe, und dort verzweifelt versucht habe, meine Matura zu machen. Eines wird jedoch definitiv außer Frage stehen, und das ist der Drive, und die Spielfreude, die ich selbst schon bei Anatevka, und als Zuschauer auch beim letzten Musicalprojekt My Fair Lady spüren konnte. Allein dies ist in meinen Augen schon ein Garant für ein weiteres aufregendes Musical.
Insofern kann ich eigentlich nur noch meine herzlichsten Glückwünsche zu dieser mehr als verdienten Auszeichnung aussprechen. Es ist schön zu sehen, das jemand, der über Jahre und Jahrzehnte hart dafür gearbeitet, auch auf dem Land, wo Kultur sich oftmals (wenn auch Gott sei Dank nicht ausschließlich) auf kollektive schunkelnde Besäufnisse beschränkt, niveauvolle Unterhaltungsprojekte auf die Beine zu stellen, auch endlich entsprechend anerkannt wird. Noch einmal herzlichen Glückwunsch von meiner Seite, und weiter so.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vom Tod einer Stadt - die vergessene Katastrophe von Longarone

Einmal Oslo und zurück - Kurzurlaub mit Color Line

Vom Bücherregal in die Bucht - Die Irische Marine stellt erstes von drei neuen Schiffen in Dienst