Islamisierung des Abendlandes - Na und?

Vielleicht bin ich zu voreilig, aber es scheint so, als würde sich in Deutschland wirklich langsam der gesunde Menschenverstand durchsetzen, was in der Geschichte dieser Nation ein ziemlich einmaliges Ereignis wäre. DIe Besucherzahlen an den diversen Pegida-Nachahmer-Demonstrationen gehen stetig zurück, und auch die AFD, nach dem Abschluss ihrer Ermächtigungs-Satzung stramm geschlossen ihrem Führer Lucke hinterher marschierend, ebbt in den Prognosen langsam ab.
Inwieweit dies einer plötzlichen geistigen Erleuchtung in Deutschland zuzuschreiben ist, oder ob die Buchstabensuppen-Demonstranten nur lieber wieder zuhause sein wollen, um ihre ALG-2-Bezüge nicht zu verlieren, steht dabei noch in den Sternen. Die Sinnlosigkeit und Verlogenheit ihres Ansinnens ist jedoch nach wie vor gleich. Sie stemmen sich gegen etwas, das nicht verhindert werden kann, verursacht durch Menschen, die kaum einer von diesen Demonstranten jemals außerhalb eines All-Inclusive-Clubs gesehen hat, um etwas zu verteidigen, was niemals da war.
Richtig gehört. Das Abendland, die Christliche Wertegemeinschaft, beides sind Illusionen und Fantasiegebilde, die aber gerne durch's rhethorische Dorf getrieben werden, wenn es darum geht, Veränderungen zu verhindern. Gerade die C-Parteien sind dabei führend, wobei diese Bezeichnung sowohl wegen der Anfangsbuchstaben ihrer Namen, als auch der Qualität ihrer Politik passender als passend ist. Aber auch die Kirchen, unabhängig welcher Konfession, greifen da gerne zu, um ihre Machtbasis zu erhalten. 
Dabei ist der Begriff Abendland nichts weiter als ein Kunstgriff, der auf eine schlechte Übersetzung einer Lateinischen Richtungsangabe zurückzuführen ist. Der Ausdruck selbst ist erst Mitte des 16 Jahrhunderts aufgetaucht, und mit der Romantik groß geworden. Eine klare Definition, was das Abendland in Werten und geographischer Definition ausmacht, hat es nie gegeben. Das ist natürlich vorteilhaft für diejenigen, die sich ihre abendländische Tradition so zurechtlegen möchten wie es ihnen passt. Da wird dann schon einmal gegen die Stellung der Frau im Islam gepoltert, während der Redner danach ganz selbstverständlich mit seiner Geliebten im Hotel verschwindet, und ein paar Stunden später die Ehefrau verprügelt. So etwas kann man ganz leicht als abendländische Werte durchgehen lassen, soll doch mal einer das Gegenteil beweisen.
Was die Christliche Wertegemeinschaft angeht, oh mein Gott (Scheiß-Wortspiel, oder?), wo soll ich da nur anfangen? Wie wäre es ganz am Anfang? Europa ist nämlich nicht freiwillig christlich, was jedoch gerne ausgeklammert wird. Gerade eine der Gründerfiguren Europas, Karl der Große, hat sich in diesem Zusammenhang mit allem möglichem bekleckert, meistens mit den Körperflüssigkeiten seiner Feinde, aber sicher nicht mit Ruhm. Seine Feldzüge gegen die Sachsen erfüllen alle Anforderungen an eine ethnische Säuberung. Massenhinrichtungen wie beim Blutgericht von Verden, die systematische Vernichtung sächsischer Siedlungen, und die Hinrichtung all derjenigen, die sich gegen die christliche Ordnung in Karls Reich richteten, sprechen eine deutliche Sprache. Es entbehrt nicht einer gewissen bitteren Ironie, das einer der wichtigsten Friedenspreise Europas nach einer Person benannt ist, die in Nürnberg oder Den Haag als Kriegsverbrecher veruteilt worden wäre: Der Internationale Karlspreis zu Aachen.
Viele der ehemals Deutschen Besitzungen im Baltikum wurden ähnlich "zartfühlend" konvertiert, in vielen Punkten sind der Deutsche Orden und der Islamische Staat sich nicht unähnlich gewesen, von einigen religiösen und waffentechnischen Formalitäten mal abgesehen. Und diese Blutspur zieht sich seitdem um die Welt, sei es Lateinamerika, Nordamerika, oder auch Australien und Afrika. 
Wer nun meint, das sei längst verstaubte Geschichte, dem empfehle ich mal, nach Srebrenica zu schauen, oder nach Ruanda, wo katholische Geistliche oftmals aktiv am Genozid von 1994 beteiligt waren. Und auch jetzt beteiligen sich Christen in Afrika aktiv an großflächigen Menschenrechtsverletzungen in Afrika, die zunehmend gewalttätiger werdende Welle der Homophobie im südlichen Afrika wird maßgeblich durch Missionare radikaler evangelikaler Gruppierungen aus den USA voran getrieben. Doch warum sollte man in der Ferne schweifen, wenn das blutige doch so nah liegt. Der Fall der Magdalenenheime hier in Irland, über den ich hier auf diesem Blog schon selbst geschrieben habe, zeigt, das auch im "Zentrum" jenes nebulösen "christlichen Abendlandes" die Bibel eher als Schlagwerkzeug, denn als moralischer Leitfaden verwendet wurde. Nicht zuletzt ist auch eines der größten Verbrechen gegenüber dem menschlichen Intellekt auf christliche Eiferer zurückzuführen: Die Zerstörung der Bibliothek von Alexandria, und der Verlust großer Teile des Wissens der Antike. Und die gerade genannten Beispiele kratzen nur an die Oberfläche dieses monströsen Komplexes. Eine derartig mit Blut erzwungene Werteordnung zu verteidigen ist kein Zeugnis von Heimatverbundenheit oder Tradition, das ist ein glasklarer Fall von Stockholm-Syndrom!
Aber mal ganz unabhängig davon, welchen imaginären Freund man jetzt für besser hält, liegt der ganzen Sache noch etwas anderes zugrunde. Die Menschheit ist kein statisches Gebilde, sie war es nie, und wird es auch niemals sein. Im Geschichtsuntericht wird gerne so getan, als ob die große Völkerwanderung von 375 bis 568 ein insulares Ereignis gewesen wäre. Tatsächlich sind Ruhezeiten ohne massive Migrationsbewegungen eher eine Ausnahme, als eine Regel. Der Sturm der Seevölker in der Antike, die Diaspora des jüdischen Volks, die Ansiedlung der Donauschwaben, wiederum die Besiedlung Nordamerikas, und auch Australiens, all dies zeigt ganz klar das, Städten, Grenzkontrollen, und Verkehrsinfarkt zum Trotz, die Menschheit alles andere als sesshaft ist.
Meine Arbeitskollegen hier in Cork sind ein Beispiel im kleinen dafür, das sich dies auch in der Neuzeit nicht geändert hat. Egal ob Deutsche, Österreicher, oder Franzosen, wir alle haben, ob erst vor kurzem, oder schon vor längerem, unserer Heimat den Rücken zugekehrt, um unser Glück in der Ferne zu suchen, sei es jetzt aus Abenteuerlust, aus Wirtschaftlicher Notwendigkeit oder, wie in meinem Fall, um eine festgefahrene Karriere weiter zu entwickeln. Wir alle sind Teil eines Zuges der, wenn man es genau nimmt, bis in die Savannen Afrikas vor 1,75 Millionen Jahren zurückzuführen ist. Die Nationalstaaten Europas sind nur ein kurz erscheindendes Muster in einem chaotischen System, und es gibt kein Naturgesetz das besagt, das Deutschland, Frankreich, Österreich, oder auch die anderen Staaten Europas von Dauer sein werden. Mit welchem Recht behaupten also manche Leute, das hier nur ein bestimmter Glaube, oder nur eine bestimmte Lebensweise vorzuherrschen hat? Wer so etwas behauptet, dem geht es nicht um Kultur, dem geht es nicht um die Werte der Aufklärung oder um ein tolerantes Miteinander. Diesen Personen geht es nur um die eigene Macht.
Pantha Rhei, alles fließt. Dies gilt nicht nur für die Sprache, oder für die geologischen und evolutionsbiologischen Prozesse auf diesem Planeten, dies gilt vor allem auch für die Menschliche "Zivilisation" und unsere Vorstellungen von Religion, Nationalstaaten, Heimat, oder Tradition. Wir sind ein Wimpernschlag in der Geschichte dieses Planeten, es gibt keinen Grund, außer der eigenen Arroganz und Bequemlichkeit, um sich an einen bestimmten Punkt auf der Erde zu klammern.
PaleBlueDot
By NASA (NASA) [Public domain], via Wikimedia Commons
Kurz bevor Anfang 1990 die Kameras der Raumsonde Voyager 1 abgeschaltet wurden, wurden diese Kameras noch einmal auf den Ort gerichtet, von dem aus die Sonde fast 13 Jahre früher gestartet worden war. Die Raumsonde hatte zu dieser Zeit die Umlaufbahnen von Neptun und Pluto passiert, und war auf dem Weg, unser Sonnensystem zu verlassen. Carl Sagan, eines meiner persönlichen Vorbilder, und einer der besten und eloquentesten Wissenschaftler, die unser Planet jemals hervorgebracht hat, hatte die Idee für so ein Foto. Das Resultat sieht man oben, das mittlerweile legendäre Foto "Pale Blue Dot". Der kleine eingekreiste Fleck, das ist die Erde. Es war auch Carl Sagan, der leider viel zu früh verstorben ist, der die passenden Worte für dieses Foto fand.


"Von diesem entfernen Blickpunkt aus mag die Erde keinen besonderen Belang haben. Aber für uns ist das anders. Schau dir den Punkt noch mal an. Das ist "hier", das ist zuhause, das sind wir. Auf diesem Fleck hat jeder den du liebst, jeder den du kennst, jeder, von dem du jemals gehört hast, jeder Mensch der jemals gelebt hat, sein Leben gelebt. Die Summe unserer Freude und unseres Leids, tausender selbstbewusster Religionen, Ideologien und Wirtschaftsdoktrinen, jeder Jäger und Sammler, jeder Held und Feigling, Jeder Schöpfer und Zerstörer der Zivilisation, jeder König und Bettler, jedes junge Liebespaar, jede Mutter und jeder Vater, jedes hoffnungsvolle Kind, jeder Erfinder und Entdecker, jeder Lehrer der Moral, jeder korrupte Politiker, jeder "Superstar", jeder "Große Führer", jeder Heilige und jeder Sünder in der Geschichte unserer Spezies hat dort gelebt - Auf einem Staubkorn, gefangen in einem Lichtstrahl.

Die Erde ist eine sehr kleine Bühne in einer immensen kosmischen Arena. Denk an die Blutströme, die von all diesen Generälen und Imperatoren vergossen wurden, auf dass Sie in Ruhm und Sieg die zeitweisen Herrscher über einen Bruchteil dieses Punktes sein mögen. Denke an all die Gräueltaten, welche die Einwohner einer Ecke dieses Pixels denen einer anderen Ecke angetan haben. Wie häufig sind ihre Misverständnisse, wie begierig sind sie, einander zu töten, wie durchdringend ist ihr Hass. Unser Gehabe, unsere eingebildete Wichtigkeit, Die Wahnvorstellung einer privilegierten Stellung im Universum, all sie werden durch diesen blassen Lichtpunkt in Frage gestellt. Unser Planet ist ein einsamer Punkt in der allumfassenden Kosmischen Dunkelheit. In unserer Irrelevanz, in all dieser Unermesslichkeit, gibt es keinen Hinweis darauf, das von anderswo Hilfe kommen würde, um uns vor uns selbst zu schützen.

Die Erde ist bislang die einzige Welt, auf der es Leben gibt. Es gibt, zumindest in der nahen Zukunft, keinen anderen Ort, zu dem unsere Spezies auswandern könnte. Besuchen ja, besiedeln, noch nicht. Ob es uns passt oder nicht, für den Moment bestreiten wir unser Schicksal auf der Erde. Es wurde einmal gesagt, die Astronomie sei eine demütigende, und charakterbildende Erfahrung. Es gibt vielleicht keine bessere Demonstration für den Irrsinn menschlicher Arroganz, als diese ferne Aufnahme unserer winzigen Welt. Für mich unterstreicht dies unsere Verantwortung, miteinander besser umzugehen, und diesen blassen blauen Punkt zu schätzen und zu bewahren, das einzige Zuhause, das wir jemals hatten."

Wie wichtig war nochmal das Abendland?

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