Anatevka - Es läuft und läuft und läuft und.......

Und wieder einmal Ostheim. Ich seh das Bürgerhaus in Ostheim inzwischen öfter als meine Eltern, ob das positiv ist sei jetzt mal dahingestellt. Und so hieß es auch am Freitag wieder "Ab nach Ostheim," zur Generalprobe für die beiden dortigen Aufführungen. Mein Vater war wieder einmal extra aus Speyer nach Nidderau getigert um knipsenderweise tätig zu werden. Er sollte mich am Bahnhof Windecken abholen. Dementsprechend setzte ich mich also in den Zug und rief ihn an um zu sagen wann ich da bin. Keine Reaktion, genauso wie auf die SMS vom Vormittag. Also erneut zum Handy gegriffen und in Speyer angerufen. Siehe da, mit Umweg über meine Mutter ging es auf einmal. Es hat halt seine Vorteile einen Hausdrachen verfügbar zu haben!
An der Halle angekommen empfing mich das was ich von Anatevka schon gewöhnt war: Chaos. Die Technik war noch dabei ihre Anlage zu verkabeln, Requisiten lagen herum, also Business as usual. Also schnell umziehen und dann ging es auch schon los, wenn auch mit diversen Problemen. Es ist und bleibt halt eine Generalprobe! So konnte unser Tevje die erste Strophe von "Tradition" aus dem Publikum verfolgen, obwohl er auf der Bühne stehen sollte! Unerwartete Situationskomik gab es auch zuhauf, und nicht zuletzt sorgte auch die geänderte Bühnenkonfiguration für Überraschungen
"Guten Abend, Meine Herren! Sie torkeln in die Falsche Richtung."
"Ne, du kommst von der Falschen Seite."
"Wie soll er denn von da kommen?" Der Aufgang ist doch blockiert" (Dort sitzt nämlich das Orchester) 
"Na gut, dann kommste halt von der anderen Seite."
Meine Herren, das ganze hätte man sich sparen können wenn man nur EIN MAL auf einen uniformierten Russen hören würde ;-)
Diverse Lacher, Patzer und Probleme später war dann die Probe vorbei. Meine Gefühle für das Wochenende waren bestenfalls gemischt, was auch an meiner Übermüdung lag. Der Samstag würde interessant werden!
Als ich Samstag früh um zehn aufwachte folgte gleich der nächste Schock. Mein Hals schmerzte, der Kopf dröhnte als ob ein ganzer Musikzug da drin marschieren würde, und meine Stimme hörte sich an wie Joe Cocker nach 'nem dreitägigen Saufgelage. Es gibt nix schlimmeres als 'nen Kater zu haben ohne am Tag vorher gesoffen zu haben!
Eine Dusche und 'ne frische Ladung Klamotten später sah die Situation schon besser aus. Eine Aspirin und ein Reichhaltiges Mittagessen auf kosten des eigenen Vaters (wofür hat man den denn? ;-) ) sorgen dann dafür das die Welt erheblich rosiger aussah.
Um 15:30 War ich dann im Bürgerhaus, wieder mal. Long Time, no see! Schminken sollte um 16:00 beginnen, die Makeup-Ladies waren auch pünktlich um viertel nach da, nur die Rohmaterialien für die Kriegsbemalung fehlten noch! Um 16:35 trafen auch die ein und schon ging es los, umziehen, schminken, und rauf auf die Bühne. Es stand noch eine Probe für "Tradition" an, diesmal mit Tevje, aber dafür ohne Chefin! Naja, auch Kerris, die Orchesterleiterin hat den Laden erfolgreich geschmissen. Mein Optimismus stieg, zusammen mit meinem Adrenalinspiegel!
Da gehen auch schon die Saaltüren auf, das Publikum flutet hinein. Alterdurchschnitt geschätzte 50, einige von denen hätten auch ohne Makeup in der Geisterszene mitspielen können. Die Garderobentür wird geschlossen, und dann geht es auch schon wieder los. Die Probleme vom Vortag sind wie weggeblasen, das gesamte Ensemble spielt gut, auch wenn der Funke nicht so sehr überspringt wie in Heldenbergen. Man merkt halt das das Ostheimer Publikum erheblich reservierter (verstockter) ist als in Heldenbergen. 
Meine Szene läuft wieder einwandfrei, diesmal auch ohne Mikrofonaussetzer (und die dazugehörigen Mordfantasien!) Wer zum Geier hat denn hier die Monitorbox im Weg geparkt? Man merkt ganz klar das die Bühne in Ostheim kleiner ist! Wieder zurück in die Garderobe/Stuhllager. Auf einmal wirds leise auf der Bühne. Mikroausfall bei einem der Nebendarsteller! Die Vorwurfsvollen Gedanken an die Technik machen auf halbem Wege kehrt als sich herausstellt das er vergessen hat sein Mikro einzuschalten!!! Da möchte man ihn doch fast mit diesem nicht frischen Fisch vermöbeln den er im 2. Akt versucht an den Mann zu bringen!
Aber ärgern bringt nix, ich muss zu meinem Zweiten Auftritt auf die Bühne. Leicht verspätet, aber immerhin. Die Lücke wird gut überspielt, mit Chaos kennt sich unsere Truppe ja aus. Schlägerei und Verwüstung laufen wie geplant, nur einige der Teller sind wieder mal zu Bruch gegangen. Die Requisiteure schauen mich kaum noch an ;-) Abmarsch durchs Publikum gemäß der Neuen Anweisungen, inklusive Bedrohung des Publikums. Meine Jungs nehmen ganz besonders die Sponsoren in die Mangel. Klar, wer so viel spendet hat eine Sonderbehandlung verdient ;-)
Und da ist auch schon der erste Akt um. Das Publikum, naja, ich hab schon Thunfischdosen erlebt in denen mehr los war. Der Applaus hat etwas von einem Parteitag der KPdSU, Andropow hätte seine Freude. 
Unsere Darsteller juckt das wenig bis gar nicht. Nach der Pause wird genauso gut weitergespielt. Nur Tevje's Eröffnungsmonolog ist wieder ungewohnt leise! Nicht schon wieder das Mikro!!!!!! Das entwickelt sich langsam zum Running Gag bzw Problem!!
Der Rest flutscht wie eine eins. Nur die Vertreibungsszene ist etwas zu zahm für meinen Geschmack. Da würde etwas mehr Handgemenge nicht schaden. Naja, in der Willi-Salzmann-Halle dann. Ehe man sich versieht ist die ganze Chose auch schon wieder vorbei, und der Applaus kommt, in bester sozialistischer Funktionärsart. Haben wir vor dem ZK der KP gespielt oder was?
Die Scheinwerfer sind noch heißer als sonst, und ausgerechnet jetzt muss sich der Vorsitzende des Kulturings Nidderau (oder wie immer der Laden heißt) selbst mit einer elendslangen Rede profilieren. Mag sein das er sich selbst gern reden hört, aber nicht wenn über 40 Schauspieler und Sänger komplett fertig auf der Bühne stehen und im eigenen Saft gargekocht werden.  Wenn ich langweilige Reden und drittklassige Kommunalpolitiker in schlecht sitzenden Anzügen sehen will dann schau ich mir lieber 'nen CSU-Parteitag an!
Sollte der das in Windecken in der Willi-Salzmann-Halle wiederholen kann ich für nix garantieren. 
Der Sonntag ist ein ganz anderes Kapitel. Das Publikum geht mit wie nie zuvor, und die Gags explodieren geradezu auf der Bühne. Kostprobe?:
"WIr sind hier um an der Freude unserer beiden neu vermählten, Zeitel und Mottel, teilzuhaben. Mögen sie in Frieden miteinander ruhen...."
Tja, was Vier Stunden Schlaf alles anrichten können ;-)
Mit der Sonntagsaufführung wurde die Messlatte für Windecken sehr hoch gelegt. Aber ich bin mehr als optimistisch das dieses Team auch dort wieder für stehende Ovationen und begeisterte Zuschauer sorgen wird! Danke noch mal an alle beteiligten, ihr seid SPITZE!!!


Bilder gibt es erstmal leider keine, ich muss erst die Fotogalerie meines Vaters plündern ;-) Im Original sind die Bilder bereits wieder auf seiner Website zu finden. Die ist es wie immer wert, denn auch er hat eine begnadete Feder (oder bei uns Internet-Neurotikern eher ein begnadetes Keyboard?)
In diesem Sinne, bis zum nächsten mal,


Der Wachtmeister

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