Eines DER IT-Buzzwords, die dieses Jahr gnadenlos in den Raum geschmissen werden, ist Smart Home. Dies bedeutet nicht automatisch, dass das eigene Heim auf einmal intelligenter ist als die Bewohner, bei AfD-, oder CSU-Wählern würde sonst schon eine Lehmhütte als Smart Home durchgehen, sondern einfach, dass ein Haus oder eine Wohnung auf seine Anwohner, und die Umweltbedingungen reagiert, und zentral, meistens über ein Smartphone oder Tablet, gesteuert werden kann.
Das Prinzip an sich ist nicht neu, Anläufe zu dem Thema gab es schon diverse. Bis vor wenigen Jahren waren diese Versuche jedoch vor allem von mangelnder Bedienerfreundlichkeit, extrem hohen Anschaffungskosten, und mangelnder Kompatibilität der Systeme untereinander geprägt. Wie so oft waren es schließlich IT-Konzerne aus dem Silicon Valley, die den Status Quo (Nein, nicht die Band!) zerschmetterten, und der Heimautomatisierung den Weg ebneten. Erst einheitliche Plattformen wie Google Home oder Apple's Homekit ermöglichen eine einheitliche, bequeme Steuerung aller in einem Smart Home vernetzten Geräte, und die Nutzung von Geräten verschiedener Hersteller.
Wo wir gerade von diesen Geräten reden, wie zum Geier soll man eigentlich mit dem Internet verbundene Glühbirnen, Kühlschränke, Thermostate, oder Thermometer bezeichnen? Es sind ja keine Computer im klassischen Sinne, sondern einfach nur Geräte, oder Dinge? Schön und gut, Smart Device geht, aber da regen sich dann ja wieder die Anglizismenjäger, CSU-, und AfD-Wähler, Patridioten und andere geistige Schlammspringer auf. Wenn man von der "Internetkompetenz" der Deutschen ausgeht (Witz des Jahrhunderts), wäre vermutlich so etwas wie “nutzloser Dreckskram” das Resultat. Wie man sie auch immer bezeichnet, es sind diese Geräte, die das sogenannte Internet of Things, oder Internet der Dinge für Englisch-Allergiker, bilden, eine komplett neue Gerätekategorie. Und wie bei allen derartigen Geräten war es auch bei mir nur eine Frage der Zeit, bis ich nicht mehr widerstehen konnte.
Nun ist es so, dass ich in einer Mietwohnung wohne. Gravierende Änderungen, wie z.B. die Installation von Nest-Thermostaten kommen also nicht in Frage. Da müsste ich meine Hauswirtin um Erlaubnis bitten, und die Antwort kann ich mir schon denken. Überwachungskameras? Noch nicht, ebensowenig eine von diesen rattenscharfen Netatmo-Wetterstationen, auch wenn diese ganz oben auf meiner Liste steht! Meine Entscheidung fiel schlussendlich auf Philips Hue.
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Quelle: Philips Hue Press Room |
Hä, Hue??? Sorry, aber das hat sich geradezu angeboten. Was zum Geier ist dieses Philips Hue? Nichts weiter als ein App-gesteuertes Beleuchtungssystem. Ja, okay, ich gebe zu, es mag zuerst etwas befremdlich klingen, die Beleuchtung in der eigenen Wohnung mit dem Smartphone zu steuern, es gibt aber durchaus Gründe, die dafür sprechen. Einerseits kann man so quasi ferngesteuert die Lichter im eigenen Haus, oder der eigenen Wohnung ein-, und ausschalten, oder dimmen, und so auch bei Abwesenheit einen normalen Tagesablauf vorspiegeln. Andererseits ist man nicht mehr gezwungen, im dunkeln verzweifelt nach einem idiotisch angebrachten Lichtschalter zu suchen. Letzteres war einer der Hauptfaktoren bei meiner Entscheidung, so ein System einzuführen, doch dazu später mehr. Nicht zuletzt bieten viele dieser Systeme aber auch die Möglichkeit, die Lichtfarbe und Intensität über die App zu verändern. Dies mag auf den ersten Blick etwas esoterisch klingen, aber es ist bekanntermaßen erwiesen, dass die Lichtfarbe und Intensität klare Auswirkungen auf die menschliche Psyche haben. Warum sonst sind z.B. Tageslichtlampen so ein gutes Mittel gegen Winterdepressionen?
All dies hat mir die Entscheidung für ein derartiges System deutlich leichter gemacht. Die Wahl ist dann schlussendlich auf Philips Hue gefallen, weil dieses die breiteste Bandbreite an Lampen, Birnen und anderen Elementen hatte. Allerdings bedeutete die Entscheidung nicht automatisch die Einführung. Dazwischen standen noch ein unfreiwilliger Jobwechsel und eine ebenso unfreiwillige Auszeit mit einhergehender finanzieller Askese. Vor ein paar Wochen war es dann endlich so weit. In einer Kurzschlussentscheidung habe ich mir bei Maplin Electronics hier in Cork, das ist das englisch-irische Gegenstück zu Conrad Electronic, ein Hue-Starterset geholt, passend für die hier in Irland weit verbreiteten B22-Fassungen. Billig war die ganze Geschichte nicht, nicht zuletzt da ich mich für die Top-Variante “White & Color Ambience” entschieden habe. Wie ich bei der Installation herausgefunden habe, war es aber genau die richtige Entscheidung.
Bevor ich mich auf eben jene Installation stürze, erst mal noch was zum Lieferumfang. Im Starter-Set waren neben der Hue Bridge, einem Netzwerkkabel, sowie den drei LED-Lampen auch ein Netzgerät enthalten. Entgegen der von mir in den letzten Jahren beobachteten logistischen Faulheit großer Konzerne lag bei Hue jedoch keine Auswahl von verschiedenen Netzsteckern bei, es befand sich nur ein für UK und Irland passender Stecker in der Schachtel. Gut, dass ich mich dagegen entschieden habe, über Amazon in Deutschland zu bestellen. Ansonsten ist der Lieferumfang eher spärlich, selbst die Anleitung ist minimalistisch.
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Da ist es, der Starter-Kit, passend für de B22-Anschlüsse, die hier in Irland noch weit verbreitet sin |
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Hier der Inhalt. Drei B22-Lampen, Quickstart Guide, Hue Bridge, UK/IRL-Netzstecker, Netzteil, und Ethernet-Kabel. |
Die Installation selbst ist, sofern man nicht wie der Autor dieses Blogs eine Energiesparlampe auf seinem großen Zeh landen lässt, recht schmerzfrei und einfach. Zuerst die Hue Bridge an den Strom anschließen, und dann mit dem Netzwerkkabel mit dem Router verbinden. Dann die einzelnen Lampen in die Fassungen einsetzen, und die Lichtschalter einschalten. Der Rest wird dann über die Hue-App gemacht. Einfach, wie genial. Das war, von einem schmerzbedingten Regentanz einmal abgesehen, auch der Ablauf bei mir. Erheblich einfacher als ich gedacht hatte.
Die Hue Bridge ist das Herzstück von Hue, und der Dreh-, und Angelpunkt des ganzen Systems. Sie ist nötig, da Philips bei der Anbindung der Lampen nicht auf WLAN, sondern auf das Zigbee-Protokoll setzt. Die Bridge stellt dabei die Funkverbindung zu den Lampen sowie den anderen Komponenten des Hue-Systems her, und ist ihrerseits über Kabel an den Router angebunden, und somit für WLAN-Geräte erreichbar. Die komplette “Intelligenz” von Hue befindet sich in der Bridge, die Lampen sind nur die ausführenden “Organe”, welche die Befehle der Bridge umsetzen. Okay, zugegeben, es gibt zusätzliche Schalter und Bewegungsmelder, allerdings sind die Lampen nach wie vor der Hauptdaseinszweck von Hue.
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Die Hue Bridge im Einsatz. Sie ist das Herz des Systems. |
Ja, gut, okay, die Theorie sitzt, schon kapiert. Wie funktioniert das Ding denn jetzt im täglichen Betrieb? Darauf gibt es zwei Antworten. So lange sich das iPhone, oder das Android-Gerät im heimischen WLAN befinden, gibt es keinerlei Schwierigkeiten. Die App reagiert schnell und zuverlässig, sowohl auf dem Phone als auch auf der Apple Watch. Das hinzufügen neuer Lampen ist ebenso einfach und schmerzfrei wie das anlegen neuer "Scenes", also Lichtstimmungen. Dabei kann sich Hue entweder an mitgelieferten Fotos orientieren, oder Fotos aus der Fotomediathek des jeweiligen Smartphones verwenden. Letzteres habe ich noch nicht getestet, da ich noch keine Bilder gefunden habe, die eine passende Lichtstimmung enthalten würden. Praktisch ist, dass man mehre Lampen zu Räumen zusammenfassen kann. Dies ist bei meinem Setup momentan noch zweitrangig, da bisher erst eine Lampe pro Raum umgerüstet wurde, wird in Zukunft aber mit Sicherheit praktisch werden, da man dann nicht erst extra alle Lampen manuell einstellen muss. Aufgepasst, derartige Einstellungen können nur mit der Smartphone-App gemacht werden, auf der Apple Watch kann man nur vorher eingerichtete Widgets verwenden, die aber oftmals auch recht nützlich sind. Praktisch ist auch die Integration in Apple's Smart-Home-Plattform HomeKit, erst Recht, da es keine separate App für's iPad gibt. Richtig praktisch wird es aber erst mit Siri. Egal ob es um Lichtstimmungen geht, darum das Licht in bestimmten Räumen aus-, oder anzuschalten, oder auch darum, das Licht zu dimmen. Siri versteht alles ohne größere Schwierigkeiten. Die Flexibilität kann ich momentan noch nicht einschätzen, da ich zwar die Deckenlampen aller Räume mit Hue ausgestattet habe, aber noch nicht dazu gekommen bin, Deckenfluter, Stehlampen, Nachttischlampen, etc. umzurüsten.
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Die Hauptansicht der Hue-App. Mittlerweile sind noch zwei weitere Räume hinzugekommen. |
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Die Siri-Integration muss separat eingeschaltet werden, ist aber saupraktisch. |
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Ein Software-Update für die Deckenlampen - öfter mal was neues. |
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So sehen einige der zur Auswahl stehenden Scenes aus. Diese kann man beliebig erweitern. Den Roten Balken bitte ich zu ignorieren, der war eine Nachwirkung eines eircom-Internetausfalls. |
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Selbstverständlich gibt es das ganze auch für die Watch. |
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Diese Widgets müssen in der iPhone-App vorgefertigt werden, sind aber mehr als nur praktisch. |
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Mit HomeKit bin ich noch etwas am kämpfen, da hab ich den Dreh noch nicht ganz raus. |
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Praktisch ist es aber sicher, wenn es denn erst mal läuft. |
Was bringt nun die ganze Chose? Warum zum Teufel kann ich nicht einfach die normalen Lichtschalter verwenden? Nun, mein Arm ist weder lang, noch schmal genug, um von der Wohnungstür hinter einem Schrank durch, und um eine 90-Grad-Kurve zum Lichtschalter zu kommen. Insofern ist es schon praktisch, wenn die Lampen automatisch angehen, wenn ich das Treppenhaus hochkomme, und sich mein iPhone ins Heim-WLAN einloggt. Es ist auch absolut praktisch, die Beleuchtung der jeweiligen Tätigkeit anpassen zu können, z.B. helles weißes Licht beim Wohnung putzen, etc., oder gedämpftes rot-oranges Licht, wenn man einfach nur noch abschalten möchte. Auch ist es zweifelsohne praktisch, Siri einfach zu sagen, dass Sie das Licht im Bad ausschalten soll, wenn man selbst es mal wieder vergessen hat. Natürlich gibt es auch die andere Seite, einige verdammt mächtige DDOS-Attacken wurden in den letzten Monaten von Smart-Home-Geräten durchgeführt, die aufgrund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen gekapert, und in ein Bot-Netz eingebunden worden waren. Und natürlich gibt es auch die Möglichkeit, Anhand der Aktivitätsprofile von Hue einen groben Überblick über unseren Tagesablauf zu bekommen. Gerade letzteres kann man aber auch ganz bequem feststellen, in dem man einfach nur darauf achtet, wann wo das Licht angeht. Letzten Endes ist es aber immer eine persönliche Entscheidung. Für nicht ist Hue eindeutig die richtige Entscheidung gewesen, und die Tatsache das die ganzen soziophoben Technik-“Koryphäen” im Heise-Forum Gift und Galle dagegen spucken macht alles nur noch einmal etwas süßer!
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