Wird auch Zeit! - Endlich ein Update für blogger.com


Wunder gescheh’n. Ich hab’s geseh’n. Okay, ich geb zu, dass diese Eröffnung etwas sehr sarkastisch ist. Andererseits ist Sarkasmus einfach wie eine zweite Muttersprache für mich, das kommt mit der Lebenserfahrung, und in diesem speziellen Fall auch mit der Erfahrung als Blogger. Als ich 2009 mit dem bloggen angefangen habe, war blogger.com meine Plattform der Wahl, da sie ein Rundum-Sorglos-Paket darstellte. Hosting, Editor, SEO, sogar die Möglichkeit der Momentarisierung war gegeben. Was will man als angehender Blogger mehr? Und so nahm dann das „Unheil“ seinen Lauf. Jetzt, im Jahr 2020, laufen meine mittlerweile zwei Blogs beide nach wie vor auf blogger.com.
So ging alles los - Diese Oberfläche war bei Blogger.com im Einsatz, als ich 2009 mit diesem Blog an den Start ging.

Bis 2011 würde diese Oberfläche größtenteils unverändert bleiben.

Was hat das jetzt mit einem Wunder zu tun? Abgesehen davon, dass sich einige vielleicht wundern, warum dieses Blog immer noch Leser findet? Nun, in den Jahren seitdem mein Blog das Licht des Internet erblickte, hat sich Google, oder jetzt Alphabet, bei der Unterstützung von blogger.com nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das letzte große Update gab es im Jahr 2011, zeitgleich mit der Veröffentlichung einer iOS-App im App Store. Das neue Interface war ein Quantensprung, und leistete lange Jahre gute Dienste. Dies war jedoch auch die letzte große Änderung, die es für blogger.com gab. Ab da ging es leise weinend bergab. Ab und an wurden neue Templates oder Layouts hochgeladen, aber featuremäßig blieb alles beim Alten. Auch die Mobil-Apps wurden nicht mehr unterstützt, und die iOS-App wurde 2016 sogar komplett eingestampft. Auf Anfrage verwies Google die Nutzer nur auf die Weboberfläche, man solle diese doch mittels Chrome für iOS nutzen, hieß es lapidar. Angesichts der Tatsache, dass das Web-Backend rein auf Desktops und Laptops ausgelegt war, empfanden viele, ich eingeschlossen, diese Aussage als einen gepflegten erhobenen Mittelfinger von Google.  Dies gilt umso mehr, als Google damit allen möglichen fragwürdigen Gestalten und Abzock-Apps das Feld im App Store überließ. Das 2018 dann auch noch die Integration mit Google Plus eingestellt wurde ist angesichts der Tatsache, dass Google Plus an sich abgeschaltet wurde zwar nachvollziehbar, die Optik sieht aber trotzdem nicht allzu gut aus. In Anbetracht der Tatsache, dass die Jungs in Mountain View durchaus nicht zimperlich sind, wenn es darum geht, Produkte einzustampfen, die die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllen, war es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis das Fallbeil auch für blogger.com fallen würde.
2011 kam der große Wechsel. Diese Oberfläche, die damals eingeführt wurde, blieb bis Ende 2019 unverändert.

Auch wenn sie 2011 eine massive Verbesserung darstellte, ist die Oberfläche mittlerweile doch ziemlich angestaubt.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der Editor, der das Herzstück des ganzen Systems darstellt, nach wie vor quasi unverändert, und nicht responsive ist. Hier muss Google noch nachbessern.

Umso überraschender war es daher, als Ende 2019 auf einmal eine dezente Schaltfläche im Backend von blogger.com auftauchte, „Try the new Blogger“. Siehe da, Google hatte begonnen, der Plattform eine massive Frischzellenkur zu verpassen. Was mit einer neuen Sidebar und dem Menüpunkt Stats begann, hat mittlerweile die meisten Bereiche der Plattform erfasst. Die Änderungen sind dabei ziemlich tiefgreifend. Die bereits aktualisierten Elemente sind allesamt im Responsive Design ausgeführt, was auch eine Nutzung auf Smartphones wieder halbwegs realistisch erscheinen lässt. Leider ist ausgerechnet der Editor zu dem Zeitpunkt, als dieser Artikel entsteht noch nicht aktualisiert, was die Nutzbarkeit doch deutlich einschränkt. Aber allein schon die Möglichkeit, Kommentare unterwegs freigeben oder löschen zu können, oder schnell einen Blick auf die Zugriffszahlen zu werfen ist ein massiver Fortschritt.
Neben der neuen Sidebar ist die neue Posts-Ansicht so ziemlich die größte Änderung. Eine etwas konventionellere Listenansicht ist nach wie vor verfügbar, keine Sorge.

Die Statistik-Ansicht stellt in meinen Augen einen Rückschritt dar. Es sind nach wie vor alle Daten verfügbar, nur muss mittlerweile erheblich mehr gescrollt werden.
Trotzdem wirkt das Update auch mich etwas sehr halbgar. Wären diese Änderungen vor zwei oder drei Jahren gekommen, hätte Blogger locker mit Konkurrenten wie Wordpress mithalten können. Jetzt, im Jahr 2020 jedoch wirken diese Änderungen allesamt nicht mehr wirklich spektakulär, sondern bringen blogger.com einfach nur auf den Stand der Dinge. Und dann ist da die Release-Politik. Ich kann verstehen, dass man nicht alle neuen Features auf einmal ausrollen will, was passiert, wenn man so etwas versucht erlebe ich gerade live und in Farbe auf der Arbeit. Trotzdem hätte ich erwartet, dass Google bei einer auf Schrift aufbauenden Plattform zuerst den Editor, also das Herzstück des ganzen Systems, aktualisiert. Und dann ist da noch die Geschichte mit der App. Im Gegensatz zur iOS-Version wurde die Android-Variante der Blogger-App nie aus dem Play Store geschmissen, und hat Ende 2019, zeitgleich mit dem Beginn des Facelifts für das Webinterface, eine komplette Überarbeitung erhalten, die sie gleichauf mit dem Webinterface bringt. Die Code-Basis ist also da, warum kann Google nicht darauf aufbauen, und auch eine neue iOS-Version auf den Markt schmeißen? Ich weiß, dass der Freigabeprozess für iOS-Apps etwas kitzlig sein kann, andererseits sollten gerade die Jungs und Mädels aus Mountain View mehr als genug Erfahrung damit haben.


Alles in allem bleibt ein mehr als durchwachsener Eindruck zurück. Es ist gut zu sehen, dass blogger.com offenbar nicht direkt auf der Abschussliste von Google steht. Andererseits holt die Plattform mit diesem Update zwar ordentlich auf, eine Führungsposition gegenüber Anbietern wie Wordpress ist jedoch weiterhin illusorisch, und die Tatsache, dass es nach wie vor keine iOS-App von blogger.com direkt gibt, ist einfach nur beschämend. Google, das muss besser werden, sonst wird das nix!

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