Zurück auf Anfang - Teil 1: Von der grünen Insel zur Bankenmetropole

Mittlerweile ist es über zehn Jahre her, dass ich nach Irland ausgewandert bin. Freunde und Arbeitgeber haben gewechselt, ebenso meine Wohnung. Ich habe einige der größten Erfolge meines Lebens in Cork erlebt, ebenso wie die größten Tiefschläge meines Lebens. Die Stadt ist mittlerweile meine Heimat, und ich bin heilfroh darüber.

Es gab aber auch ein Leben vor Irland. Für zehn Jahre, von meiner unfreiwilligen Rückkehr aus Österreich bis zu jenem Donnerstag im August 2012 waren Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet mein Zuhause. Hier befands sich meine erste eigene Wohnung, hier hatte ich meinen ersten Vollzeitjob, machte meine ersten Schritte auf der Bühne und lernte generell, auf eigenen Beinen zu stehen. In all der Zeit bin ich zwar mit Frankfurt nie so wirklich warm geworden, aber irgendwie hat die Stadt bei mir trotzdem einen Eindruck hinterlassen.

Und selbst nach meinem Umzug nach Cork bin ich nie ganz von Frankfurt weggekommen. Jeder Besuch bei meinen Eltern führte zwangsläufig über den Frankfurter Flughafen, teilweise sogar über den Hauptbahnhof, wenn die Deutsche Bahn mal wieder ihre Tage hatte. Und auch wenn die regelmäßigen Besuche bei meinen Eltern immer Priorität hatten, was sich in Anbetracht der Ereignisse in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 als korrekt entpuppte, so hatte ich immer die Hoffnung, mal wieder nach Frankfurt zu kommen.

Im März 2023 ergab sich endlich eine Chance für diesen Besuch. Deutschland hatte die letzten Quarantänemaßnahmen aufgehoben, ich selbst hatte Geld übrig und musste einfach mal raus, und zum ersten Mal überhaupt gab es, Lufthansa CityLine sei dank, einen Direktflug zwischen Cork und Frankfurt. Außerdem gab es noch einen deutlich persönlicheren Grund. Ich wollte, nach sechs Jahren, endlich einmal das Grab meiner Eltern besuchen. Wohnungs-, und Jobwechsel sowie die Kleinigkeit einer gewissen Pandemie hatten diese Pläne, die ich schon seit längerem hatte, immer wieder sabotiert. Mit einer Kombination aus Direktflügen, und einem zentral gelegenen Hotel ging es Ende April endlich los!

30. April

Einer der Vorteile davon, dass ich nicht mit KLM fliege, ist dass ich tatsächlich mal zu einer menschlichen Zeit am Flughafen Cork aufkreuzen kann. Das bedeutet auch, dass ich tatsächlich mit dem Bus zum Flughafen komme, anstatt Geld dafür ein Taxi rausschmeißen zu müssen. Die Fahrt zum Flughafen entpuppte sich trotzdem als Katastrophe, was allerdings ausnahmsweise mal nicht am staatlichen Busmonopolisten Bus Éireann lag, sondern an der GAA, der gälischen Sportliga. Zeitgleich mit meinem Abflug fand im Páirc Ui Chaoimh nämlich ein Spiel zwischen Waterford und Cork statt. Da es sich dabei um ein Halbfinalspiel im Hurling handelte, einer irischen Sportart, die man am besten als eine Mischung aus Feldhockey und einer Straßenprügelei beschreiben kann, waren die Straßen und Busse natürlich bis unter die Dachkante voll mit Fans in den rot-weißen Farben von Cork.

Der Flughafen Cork hat sich seit den dunklen Tagen der Pandemie massiv weiterentwickelt! 

Den Lufthansa-Kranich über den Check-In-Schaltern am Flughafen zu sehen ist aber immer noch ungewohnt.

Die Aspire Lounge am Flughafen Cork ist eine willkommene Oase der Ruhe.

KLM, Aer Lingus, Lufthansa... Es ist noch nicht so lange her, da war außer Aer Lingus und Ryanair keine andere Airline am Flughafen Cork zu sehen.

Am Flughafen selbst lief hingegen alles so weit normal ab, auch wenn ich etwas warten musste, bis der Schalter befürchten den Flug nach Frankfurt geöffnet wurde. Ganz offen, den Lufthansa-Kranich am Flughafen Cork zu sehen, war und ist immer noch etwas ungewohnt. Es ist noch nicht allzu lang her, dass außer Aer Lingus und Ryanair keine andere Airline in Cork vertreten war. Da ich einiges an Zeit bis zum Abflug totzuschlagen hatte, führte mich mein Weg direkt zur Aspire Lounge. Auch wenn sie leider keinen Vorfeldblick hat, so ist dies Lounge doch eine der kleinen Überraschungen am Flughafen, etwas, dass ich schon 2018 feststellen konnte, als ich das erste Mal die Lounge benutzt hatte. 

Das Boarding war leider weniger angenehm. Lufthansa setzt auf der Strecke nach Cork den Bombardier CRJ-900 ein, einen zweistrahligen Regionaljet. Aufgrund ihrer Bauweise kann diese Maschine nicht an Fluggastbrücken andocken, was wiederum Treppensteigen bedeutete, kein Spaß mit Beinen angeschlagenen Knie, das kann ich euch sagen! Am Flugzeug angekommen ging der Spaß gleich weiter. Der CRJ-900 ist im Grunde nichts anderes als ein bis zur Absurdität gestrickter Business Jet. Aber ist die Kabinentür gleichzeitig auch die Treppe. Dies ist bei Regionalflugzeugen eigentlich nichts Ungewöhnliches. Die ATR-72 verfügt über derartige Treppen, ebenso wie die alten Fokkers, die KLM bis vor ein paar Jahren im Einsatz hatte. Die Treppe beim CRJ-900 ist jedoch die schlimmste, die ich bis jetzt erlebt habe: Eng, steil, mit rutschigem und viel zu kurzem Handlauf.

Der CRJ 900 ist eines der wenigen Flugzeugmodelle, die noch über ein T-Leitwerk und am Heck angebrachte Triebwerke verfügen, ein Überbleibsel seiner Abstammung von Business Jets.

Diese Abstammung zeigt sich aber leider auch in der Kabine, die so ziemlich die engste ist, die ich je in einem Linienflugzeug erlebt habe!

Im Inneren war es nicht viel besser. Im Mittelgang konnte ich nur mit Müh und Not stehen, die Sitze waren gefühlt noch enger als bei Ryanair, und die Beinfreiheit war auch nicht berauschend. Der Gedanke daran, die nächsten zwei Stunden eingepfercht zwischen der Kabinenwand und meinem Sitznachbarn zu verbringen war nicht gerade beruhigen. Dies war jedoch auch der Hauptbeweggrund für mich, Business Class zu buchen. So blieb wenigstens der Sitz neben mir leer, was das Ganze deutlich erträglicher machte. Und hey, es war ein neuer Flugzeugtyp für mein Logbuch!

Meine persönliche Angströhre für den Flug nach Frankfurt war D-ACNP, ein zwölf Jahre alter CRJ-900, der im Dezember 2010 an Eurowings ausgeliefert worden war. 2017 war die Maschine im Zuge einer der unzähligen Reorganisationen an die Konzernmutter Lufthansa übergeben worden, die das lange Elend wiederum an Lufthansa CityLine weitergab. 

Ein Vorteil dieser relativ kleinen Jets ist immer, dass das Boarding relativ schnell beendet ist. Das war auch hier der Fall, und wir setzten ein paar Minuten vor der angegebenen Abflugzeit zum Push Back an. Der Start erfolgte in Richtung Norden von Runway 34, und war überraschend widersprüchlich. Einerseits war die Beschleunigung des CRJ-900 beeindruckend, den „Tritt ins Kreuz“ als die Triebwerke auf Startschub gebracht wurden werde ich so schnell nicht vergessen. Andererseits war der Steigflug danach seltsam „blutleer“. Selbst die bis unter die Dachkante vollgetankte Boeing 737-MAX8, die mich im Herbst 2018 über den Atlantik nach Providence brachte, hatte einen dynamischeren Start hingelegt.

Der Rest des Fluges war, trotz der engen Kabine, sehr angenehm, und butterweich. Nicht ein Hauch von Turbulenzen war zu spüren, und do, obwohl der CRJ-900 ein sehr „direkter“ Flugzeugtyp ist, der jedes Luftloch sofort an die Kabine weitergibt. Und ganz offen, die Kabinencrew war erstklassig, absolute Spitze. Ich kann sie gar nicht hoch genug loben! Das Catering, in der Business Class mit dem wunderbar denglischen Namen „Tasting Heimat“ versehen, war auch nicht schlecht, auch wenn ich so meine Probleme damit hatte, die einzelnen Komponenten zu identifizieren. Lecker war’s trotzdem!

Für einen innereuropäischen Kurzstreckenflug war das Catering exzellent!


Kurz nachdem wir bei Dünkirchen das Festland erreicht hatten, begann auch schon der Sinkflug, gemächlich zuerst aber ab Liège deutlich spürbar. Im schwindenden Licht der Abenddämmerung begann der Endanflug auf Runway 07L in Frankfurt, ein Anflug, der mit einer sehr robusten Landung endete. Beim CRJ-900 spürt man wirklich alles! Wie zu erwarten, wurden wir auf einer Vorfeldposition geparkt, ganz am westlichen Ende des Flughafens. Hey, immerhin gab’s dadurch ne Flughafenrundfahrt obendrauf, man nimmt ja, was man kriegen kann.  Weniger angenehm war der weg vom Bus zur Passkontrolle und Gepäckausgabe: Hoch, runter, wieder hoch, links, rechts, zweimal links, dann wieder runter. Das Wegelayout glich einem gordischen Knoten und der Abend mutierte als Konsequenz zum Wandertag. Zu allem Überfluss streikte dann such noch die automatisierte Passkontrolle. 

Der Landeanflug führt über die Eifel, Kraterseen sind dementsprechend häufig zu sehen.

Der Landeanflug erfolgte von Westen.

Die Parkposition für unsere Maschine liegt irgendwo zwischen Hangars, Tanklagern und Luftfracht-Terminals.

Aussteigen ist beim CRJ, dank der engen Treppe, immer ein Abenteuer!


Wieder landside ging es dann deutlich besser. Mein Koffer wartete bereits auf mich, und nach einigem Suchen fand ich dann auch den richtigen Bahnsteig für die S-Bahn zum Hauptbahnhof. An selbigem angekommen gab es dann aber gleich die nächste Überraschung. Die Umsteigeebene das Frankfurter Hauptbahnhofs war wegen Umbauarbeiten gesperrt, was einen Umweg über den Vorplatz und einige Bürgersteige erforderte. Macht Spaß mit einem nach wie vor lädierten Knie und einem Trolley. Schlussendlich schaffte ich’s aber trotzdem zur Straßenbahnhaltestelle und, einige Haltestellen weiter, zu meinem Hotel, dem Motel One Frankfurt Römer.

Das Motel One Frankfurt Römer ist eines der neueren Hotels der Gruppe, und sehr zentral gelegen, wie dieses Foto, dass ein paar Tage nach meiner Ankunft geschossen wurde, zeigt.

Das Hotel ist zwischen der Einfahrt zum Theatertunnel und der Bethmannstraße eingeklemmt und deckt einen Teil des ehemaligen Geländes des Bundesrechnungshofes ab.

Die Einrichtung ist, Motel-One-typisch, übersichtlich, aber bequem!

Die Gruppe ist außerdem dabei, die Flat Screens in den Hotelzimmern endlich gegen neuere Modelle auszutauschen. Das Aquarium-Programm gibt es aber trotzdem noch ;)

Das kommt raus, wenn man um ein Zimmer mit Skyline-Blick bittet!


Spätestens seit 2013 bin ich Motel-One-Fan. Ob Wien, Hamburg, London oder jetzt Frankfurt, die Hotels sind immer komfortabel, stylish und preiswert. Das Motel One Frankfurt Römer macht da keine Ausnahme. Die Innendesigner haben wieder einmal ganzer Arbeit geleistet, auch wenn die Zimmer an sich Motel-One typisch schlicht gehalten sind. Dies wird jedoch von der Lobby und der Lounge mehr als ausgeglichen! Leider war eben jene Lounge bei meiner Ankunft genau von dem Schlag Mensch überlaufen, der mir damals das Auswandern so leicht gemacht haben, vornehmlich verknöcherte Frührentner oder Provinzpensionäre. Mein Abend endete daher in meinem Zimmer.


Dies ist Teil 1 eines sechsteiligen Reiseberichts. Teil 2 findet ihr hier!

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