Dies ist der vierte Teil einer sechsteiligen Serie über einen Besuch in meiner alten Wahlheimat Frankfurt. Zum vorherigen Teil kommst du hier!
3. Mai
Nach dem emotionsgeladenen Tag gestern stand heute Kontrastprogramm an: Nichts. Ich hatte nichts auf meiner To-Do-Liste, keine Must-See-Sehenswürdigkeiten oder ähnliches. Dies war auch gut so, da meine Füße vom Programm der letztgenannten paar Tage alles andere als angetan waren und nicht davor zurückschreckten, ihrem Unmut unmissverständlich Ausdruck zu verleihen. Ich entschied mich, nicht zuletzt aufgrund der halbwegs brauchbaren U-Bahn-Anbindung, dazu, mir die Skyline Plaza einmal geraumer anzuschauen, ein relativ neues Einkaufszentrum auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs von Frankfurt. Leider ist die Anbindung nicht wirklich perfekt. Eigentlich sollte das Europaviertel, so der Name des Güterbahnhof-Areals, durch eine eigene Stadtbahnlinie erschlossen werden. Da diese jedoch noch nicht fertiggestellt war, blieb mir erst mal nur der Weg über die bestehende U-Bahn-Station an der Messe.
So beeindruckend das Messeviertel mit seinen Hochhäusern auch ist, die Skyline Plaza war jetzt nicht wirklich berauschend. Es war halt ein typisches 08/15-Einkaufszentrum, wie es ohne weiteres auch in jeder anderen deutschen Großstadt hätte stehen können. Die Auswahl an Geschäften war zwar recht breit gestreut, aber für mich persönlich relativ uninteressant. Ich will nicht bestreiten, dass die Skyline Plaza ein wichtiges Stück Infrastruktur für das Europaviertel werden wird, erst recht, wenn die U-Bahn-Anbindung fertig ist, aber in seinem aktuellen Zustand ist es den Hype in meinen Augen nicht wert. Das soll allerdings nicht heißen, dass alles an der Skyline Plaza schlecht ist, oder war. Der Skyline Garden, eine Dachterrasse/Garten oberhalb des obersten Stockwerks der Skyline Plaza, war für mich nicht nur eine angenehme Überraschung, sondern auch eine willkommene Oase der Ruhe im Gewusel der Stadt an diesem Frühlingstag.
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Nein, das ist keine Kleingartenanlage. |
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Das ist die Dachterrasse des Skyline Plaza, der sogenannte Skyline Garden. Yep, wir stehen hier im fünften Stock auf einem Parkhaus, das wiederum auf dem Einkaufszentrum aufsitzt. |
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Irgendwie bekomme ich hier so leichte Cities-Skylines-Gefühle... |
Mein Besuch in der Skyline Plaza hatte mich aber auf einen anderen Gedanken gebracht. Wenn man schon mal in Deutschlands einziger Wolkenkratzerstadt ist, warum sollte ich das ganze nicht ausnutzen? Ich wusste, dass der Main Tower, ein knapp Zweihundert Meter hoher Büroturm im Frankfurter Bankenviertel, eine Aussichtsterrasse hat, als ging es wieder ab in die U-Bahn und dann auf die Suche. Nach dem Eingang, der inmitten der engen Straßen nicht leicht zu finden war. Der behindertengerechte Eingang war ebenfalls nicht leicht zu finden, weshalb ich mich mit der regulären Treppe abgeben musste, was meinem Knie nicht wirklich gefiel. Auf 195 Metern Höhe angekommen, wiederholte sich dieses Schauspiel, da der Besucheraufzug eine Etage unterhalb der Aussichtsterrasse endete. Auf der eigentlichen Terrasse angekommen, waren die Proteste meines Knies schnell vergessen. Was für ein Ausblick!
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Der Taunus wirkte fast zum Greifen nah. |
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Von oben sieht man erst, was für eine riesige Anlage der Frankfurter Hauptbahnhof eigentlich ist. |
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Die Zeil, Frankfurts Haupteinkaufsstraße. Auf dieser Straße, insbesondere in den dortigen Elektromärkten, habe ich mehr Geld ausgegeben, als ich zugeben möchte. |
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Die Alte Oper liegt uns de facto zu Füßen. |
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Knapp zweihundert Meter sind wir hier über dem Erdboden. Das ist verdammt hoch! |
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Bis zum Melibokus, dem Berg links der Bildmitte, reicht der Blick. |
Vom Vogelsberg im Osten, über den Melibokus im Süden bis zum fast schon gestochen scharfen Vogelsberg und Taunus im Westen herrscht ein fast perfekter Rundumblick, nur im Südwesten blockierte der Commerzbank-Tower die Sicht, was bei diesem Wetter aber nicht besonders ärgerlich war. Problematischer war da schon das Verhalten einiger Besucher, welche die Besucherterrasse wohl als Studio verwenden wollten. Zwei Junge Frauen sind mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Ich bin mir bis heute nicht klar darüber, ob die Posen, die sie jeweils vor der Kamera der anderen hingelegt haben, eher für Instagram oder TikTok, oder doch eher für OnlyFans gedacht waren. Dies wäre ganz offen kein Problem für mich gewesen, wenn sie nicht ausgerechnet den Teil der Besucherterrasse dafür in Beschlag genommen hätten, der den Ausblick in Richtung Mainzer Landstraße bzw. Hauptbahnhof ermöglichte. Dieses soziamediale Störfeuer dauerte jedoch nicht allzu lange, und nach knapp zehn Minuten waren dann auch endlich alle Bereiche der Terrasse frei zugänglich. Ich könnte hier noch stundenlang weiter darüber fabulieren, wie gut der Ausblick war, aber es ist glaub ich besser, wenn ich hier die Bilder sprechen lasse. |
Blick von der Taunusanlage auf einige der Hochhäuser im Bankenviertel. |
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Von den Einkaufspassagen, in denen man als Durchschnittsverdiener schon beim Schaufensterbummel Privatinsolvenz anmelden muss... |
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...bis hin zu den Fassaden, die den Wolkenkratzern zu Füßen liegen, überall ist die Gentrifizierung mittlerweile offensichtlich. Aber zumindest waren die Architekten hier kreativ. |
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Auch dieses Gebäude an der Ecke Große Bockenheimer Straße und Goethestraße kann sich sehen lassen. |
Ich wäre liebend gerne noch weiter auf dem Main Tower geblieben, aber die Kombination aus Mittagszeit und viel zu dicker Kleidung für das unglaubliche Frühlingswetter sorgte dafür, dass ich recht schnell die Flucht ergriff und mich auf die Jagd nach etwas Essbaren machte. Die Umgebung des Main Tower ist das natürliche Revier des gemeinen Finanz-Schlipstiers und als solches durchsetzt von überteuerten Manager-Futtertrögen, also führte mein Weg zuerst über das MyZeil und schlussendlich zum Frankfurter Hauptbahnhof. Dies war insofern ein glücklicher Zufall, als dass ich so wie so noch ein paar Bilder vom Hauptbahnhof für meine Blogs brauchte.
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so leer habe ich die Bahnhofshalle am Frankfurter Hauptbahnhof selten gesehen. |
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Trotz mancher neuer Züge wirkt hier vieles sehr vertraut. |
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Wie oft bin ich durch diese Halle zum Abgang in das untergeschoss des Hauptbahnhofs, die B-Ebene gehetzt. |
Frisch gestärkt ging es dann zum letzten Stück Frankfurt, dass mir auf meiner Tour noch fehlte, dem Römer, jetzt garantiert frei von Altkommunisten. Beim Römer handelt es sich um das Rathaus der Stadt Frankfurt, und auch wenn die Bezeichnung eigentlich nur für das mittlere der drei Gebäude des historischen Komplexes zutrifft, werden nicht nur das Rathaus an sich sondern auch der vorgelagerte Platz umgangssprachlich so bezeichnet. Dieser ist traditionell der Veranstaltungsort für alle Arten von Kundgebungen, Mahnwachen, Jubelfeiern, Weihnachtsmärkte und sonstige Großalarmlagen. Ich bin hier ganz offen, ich kann den Römer nicht ausstehen! Diese spätmittelalterliche Architektur, die schmalen Fachwerkhäuser mit ihren übertrieben spitzen Dächern, die dazwischen gestreuten „Neuinterpretationen“ aus den Fünfzigern, all dies trieft für mich nur vor Äbbelwoi-trunkener Deutschtümelei und provinzieller Spießbürgerlichkeit. Und im Gegensatz zur wieder aufgebauten, wenn auch disneyfizierten Altstadt bietet der Römer nicht das kleinste bißchen Schatten. Trotzdem, er stand auf meiner Liste für diesen Trip, also hab ich mir das ganze Ensemble halt gegeben, bevor ich mich zwecks Abkühlung zurück in mein Hotelzimmer aufmachte.
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Ob die Bürgerhäuser auf der einen Seite des Platzes... |
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...oder den Römer an sich, keines dieser Ensembles haut mich wirklich vom Hocker. |
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Immerhin hat die Blickachse zum Frankfurter Dom etwas für sich. |
Der Abend endete für mich wieder mal im Bahnhofsviertel, jenem oft vorverurteilten aber zutiefst lebendigen Stadtteil Frankfurts zwischen Hauptbahnhof und Taunusanlage, wiederum it einem alten Freund aus meiner Frankfurter Zeit. Es stand Fußball auf dem Programm. Halbfinale im DFB-Pokal, VFB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt. Während sich das Spiel nach einigen Schockmomenten schließlich doch noch im Sinne der Eintracht entwickelte und jedes Tor der Frankfurter mit Jubelschreien aus diversen offenen Fenstern quittiert wurde, kreisten unsere Gespräche um alles mögliche. Es tat gut, einfach mal derart abschalten zu können.
Zu Teil Fünf dieser Serie geht es hier entlang!
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