Dies ist der sechste und letzte Teil dieser Reihe. zum vorherigen Teil kommst du hier!
5. Mai
Der Tag der Abreise stand an, ein Tag, an dem ich noch etwas Zeit totzuschlagen hatte, da mein Flug nach Cork erst am frühen Nachmittag abfliegen würde. Ich entschloss mich daher, mir nicht nur beim auschecken Zeit zu lassen, sondern auch eine letzte Tour durch die Gegend um das Hotel zu machen. Mir fehlten noch einige Bilder vom Hotel selbst, und auch das €uro-Zeichen am Willy-Brandt-Platz war mir bisher durch die Lappen gegangen.
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Irgendwie werde ich diesen Ausblick schon vermissen! |
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Yep, die Heimat des Euro. Auch wenn das Hochhaus dahinter schon lange nicht mehr die Zentrale der EZB beherbergt. |
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Ich komm immer noch nicht drauf, was an diesem Gebäude nicht stimmt... |
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Blick auf die Commerzbank-Zentrale entlang der Bethmannstraße. Links ist der Frankfurter Hof, eines der besten Hotels der Stadt. |
Schließlich war aber die Zeit gekommen, mich auf den Weg zum Flughafen zu machen. Dies bedeutete einmal mehr eine Fahrt zum Hauptbahnhof mit der Straßenbahn, gefolgt vom Umsteigen in die S-Bahn am besten Hauptbahnhof. Eins kann ich euch sagen, die Rolltreppen runter zur S-Bahn machen mit einem Trolley-Koffer im Schlepptau absolut keinen Spaß. Stichwort S-Bahn: Mir war schon ein paar mal aufgefallen, dass Frankfurt irgendwann in den letzten Jahren neue S-Bahn-Züge erhalten hatte. Auch die S8 zurück zum Flughafen wurde von einem dieser neuen Triebzüge der Baureihe 430 durchgeführt, die einen massiven Qualitätssprung gegenüber den bisherigen S-Bahnen darstellen. Die unangenehme Überraschung am Flughafen konnten aber auch diese nicht verhindern. Aus mir unerfindlichen Gründen ist der Bahnsteig am Regionalbahnhof nach wie vor niedriger als an anderen S-Bahnhöfen im Rhein-Main-Gebiet. Dies macht barrierefreien Reisen zum oder vom Flughafen Frankfurt deutlich mühsamer und es ist ein Armutszeugnis für die Deutsche Bahn, dass sie es im 3. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts immer noch nicht geschafft haben, dieses Problem zu lösen!
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Warten auf Godot? Oder eher auf die Straßenbahn? |
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Ab in den Bahnsinn... |
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Zugegeben, die neuen S-Bahnen haben was! |
Am Frankfurter Flughafen selbst ging alles seinen gewohnt hektischen Gang. Von den zwei Jahren Pandemie war de facto nichts mehr zu spüren. Ich vermute aber auch, dass die Schließung der Skyline zwischen Terminal 1 & 2 für einen Teil dieses Chaos verantwortlich war. Trotz dieses Trubels klappte die Gepäckabgabe aber wie am Schnürchen. Die Sicherheitskontrolle machte ebenfalls keine Probleme, da ich auch für den Rückflug Business Class gebucht hatte. Da ich es generell bevorzuge, lieber zwei Stunden zu früh am Flughafen zu sein als auch nur eine Minute zu spät, hatte ich noch ein paar Stunden totzuschlagen. Flugsteig B ist, auch im Non-Schengen-Bereich nicht gerade besonders üppig ausgestattet, was Geschäfte betrifft, und ich war so oder so recht knapp bei Kasse am Ende dieser Reise, also entschied ich mich dazu, mich in einer der beiden Lufthansa Business Class Lounges zu parken. Ich entschied mich allerdings diesmal für die Lounge im Ostflügel von Flugsteig B. Meine letzten beiden Business-Class-Flüge mit Lufthansa, die, bei denen ich die Lounge im Westflügel genutzt hatte, waren jeweils mit massiver Verspätung gestartet, einmal wegen des Wetters und einmal aus technischen Gründen, und ich wollte nicht zum dritten Mal irgend etwas heraufbeschwören.
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Blick auf die Check-In Halle B im Terminal 1. Halle A, wo mein Gepäckabgabeschalter lag, sieht fast genauso aus. |
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Diese Bilder wurden im September 2017 aufgenommen, auf dem Rückflug von der Beisetzung meiner Mutter. Das macht aber nichts, ich glaub die Check-In-Hallen des Terminal 1 in Frankfurt werden auch in Fünfzehn Jahren noch so aussehen! |
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Die Lufthansa Business Class Lounges am Flughafen sind eine willkommene Ruheoase in mitten des Trubels. |
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Noch ein kleines Dessert und dann ab zum Gate! |
Die Lounge war dankenswerterweise nicht nur gut bestückt, was Speisen und Getränke anging, sondern auch angenehm leer, was für mich genau das richtige war. Schließlich war es Mittagszeit, und für eine heiße Schlacht am kalten Buffet war ich nicht wirklich in der Stimmung. Leider ist der Ausblick von beiden Business Class Lounges gleich bescheiden, weshalb ich mich nach dem Mittagessen mit meinen Reisenotizen auseinandersetzte, die, obgleich sie schon einen beträchtlichen Umfang aufwiesen, nach wie vor unvollständig waren. Nach einem letzten Drink und Dessert war es dann aber auch überraschend schnell Zeit, mich auf dem Weg zum Gate zu machen.
Mein Flug würde von Gate B31 gehen, was, bitte haltet eure Überraschung in Grenzen, ein Bus-Gate war. Leider bedeutete dies wiederum Treppen steigen, und dass, wo mein Knie so oder so schon lädiert war. Na ja, dafür war es halt auch ein Direktflug, auch wenn es immer noch ungewohnt war, Cork als Flugziel am Flughafen Frankfurt zu sehen, erst recht mit dem Lufthansa-Kranich daneben. Interessanterweise waren am Gate vor allem irische Akzente zu hören, während beim Hinflug am Gate in Cork vor allem Deutsch zu hören gewesen war.
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Das Terminal 3 (Bildhintergrund) nähert sich nach langen Jahren endlich der Fertigstellung. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als das Gelände noch der US Air Force gehörte, und von C-5, C-17 und sogar noch alten C-141 nur so strotzte.
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Schön, dass die Boeing 747 noch immer im Einsatz ist. Die Welt der Luftfahrt wird um einiges ärmer werden, wenn der letzte dieser majestätischen Vögel außer Dienst gestellt wird. |
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Nordisch by Nature - Airbus A320 von Scandinavian Airlines kurz vor dem Aufbruch in nördlichere Gefilde. |
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Der Lufthansa-Kranich ist in Frankfurt wirklich überall. |
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Und da steht auch schon D-ACKG, eine Maschine für den Rückflug nach Cork. |
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Den orangenen "Klecks" am Leitwerk sieht man leider immer weniger. |
Die obligatorische Busfahrt führte interessanterweise nicht zum westlichen Ende des Flughafens wie beim Hinflug, sondern zu einer Parkposition vor Terminal 2, am anderen Ende des Flughafens. Immerhin würde dies den Weg zur aktiven Runway deutlich verkürzen. Auf Parkposition V106 wartete bereits D-ACKG auf uns, der Bombardier CRJ-900, der mich zurück nach Hause bringen würde. Interessanterweise trug diese Maschine, die 16 Jahre alt, und im September 2006 direkt an Lufthansa CityLine ausgeliefert worden war, noch die alte Lackierung mit dem orangenen Lufthansa-Klecks samt Kranich auf dem Leitwerk. Die Treppe war in den fünf Tagen seit dem Hinflug nicht wirklich besser geworden und an Bord angekommen musste ich eine Reihe nach hinten ausweichen, da sich Reihe 2 mit ihren festen Armlehnen als viel zu eng entpuppte. Ich war übrigens nicht der Einzige der derartig betroffen war, auch ein deutlich schlankerer Passagier musste umgesetzt werden, da der Sitz einfach zu eng war.
Trotz einer geschätzten Auslastung von 80%, gerade auch in der Economy-Kabine, war das Boarding relativ schnell abgeschlossen und auch der Rollweg von der Parkposition bis hin zur aktiven Runway, 25C, war angenehm kurz. Der „Tritt ins Kreuz“, den ich in Cork gespürt hatte, fehlte hier, da die Maschine quasi nahtlos vom Rollen zum Start überging. Die Beschleunigung war wieder beeindruckend, aber auch hier in Frankfurt, bei einer Runway, die quasi doppelt so lang war wie in Cork, war der Steigflug nach dem Start fast schon erschreckend blutleer! Ich fühlte mich an meinen Flug nach Dubai erinnert, wo eine deutlich größere und schwerere Boeing 777-300ER einen ähnlich behäbigen Start hingelegt hatte. Der Flug an sich war jedoch wiederum sehr angenehm. Die Kabinenbesatzung war exzellent und der Flug an sich butterweich. Das Catering war wiederum das gleiche wie auf dem Hinflug, was aber nichts schlechtes war. Der einzige Wermutstropfen war, dass der Lightning-Port meines iPhones verstopft war und ich gleichzeitig vergessen hatte, Musik auf mein iPad zu laden. Yep, meine eigene Blödheit, aber es spricht wiederum für den Flug, wenn das mein größtes Problem war.
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Direkt von der Parkposition auf die Runway. So schnell bin ich in Frankfurt glaube ich noch nie gestartet. |
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Blick auf Runway 07L/25R, die "Landebahn Nordwest". Dort war ich fünf Tage zuvor gelandet. |
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An Rüsselsheim vorbei geht es Richtung Westen. |
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Langsam verschwindet Europa unter den Wolken. |
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Wir erreichen Irland knapp südlich von Rosslare. |
Nach knapp 90 Minuten kam dann auch die Irische Küste langsam in Sicht. Mit jedem Kilometer, den wir an der Küste von Wexford und Waterford entlang fliegen, wurden die Wolken dichter und kurz nach dem überqueren der Küste irgendwo zwischen Dungarvan und Youghal wurde es dann auch wackelig. Der Landeanflug auf cork erfolgte von Norden auf Runway 16, die einzige Runway in cork, die mit einem vernünftigen ILS ausgestattet ist. Die Turbulenzen wurden stärker, je näher wir an den Flughafen kamen und kurz vor der Landung tauchten dann auch Regentropfen auf der Fensterscheibe auf. Typisch. Willkommen in Irland! Die Landung war, den Wetterbedingungen entsprechend, hart und das abbremsen war eben so heftig, aber bei Regen, Wind, und einer nassen Piste ist so was ja eigentlich genau das richtige.
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Je näher wir Cork kommen, desto dichter werden die Wolken. Typisch! |
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Landung in Irland bei Regen. Ist irgendjemand davon wirklich überrascht? |
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Der Bus war ja zugegeben wirklich bequem, aber die Linienführung ist mehr als fraglich!
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Das Aussteigen wurde aufgrund des Wetters noch einmal zu einer Risikonummer, erst recht da der so oder so schon zu kurze Handlauf durch den Regen auch noch rutschig war. Immerhin gab es diesmal keine Busfahrt, wir konnten ganz bequem vom Flugzeug zum Terminal laufen. Die Einreiseformalitäten waren kurz und schmerzlos, wie ich es von Cork mittlerweile gewohnt bin, und knapp dreißig Minuten nach der Landung saß ich im Bus in die Stadt. Hier zeigte sich leider wiederum, wie rückständig Irland in manchen Bereichen noch ist. Beim Bus handelte es sich um einen ganz normalen Überlandbus der Linie 226 aus Kinsale, der bis unter die Dachkante mit Pendlern und Tagestouristen gefüllt war. Warum bringt es in diesem gottverdammten Land niemand auf die Reihe, eine eigene Buslinie nur für den Flughafen einzurichten? Wir reden hier immerhin nicht von irgendeinem Wald-und-Wiesen-Flugplatz irgendwo in Kerry oder Mayo, sondern vom zweitgrößten Flughafen in Irland. Schlussendlich war ich dann aber trotzdem um 18.30 irischer Zeit endlich wieder zu Hause, fix und alle, um diverse hundert Euro leichter, aber zufrieden.
Fazit
Mittlerweile ist es jetzt schon wieder über zwei Monate her, seitdem ich aus Deutschland zurückgekehrt bin. Der Alltag hat mich wieder fest im Griff, und damit haben sich auch die Alltagssorgen wieder zurück auf die Tagesordnung gesetzt. Vor diesem Hintergrund stellt sich mir immer wieder die Frage, ob es dies wert war. Die Antwort lautet in meinen Augen definitiv ja! Es war für mich extrem wichtig, das Grab meiner Eltern zu besuchen und so nach all den Jahren der Trauer, und der Pandemie, endlich so etwas ähnliches wie frieden zu finden. Ganz wird die Wunde, die der Tod meiner Eltern aufgerissen hat, wohl nie verheilen, aber mittlerweile bin ich wieder in der Lage, nach vorne zu blicken.
Daran anschließend war auch mein Wunsch, Speyer, und auch Frankfurt, zu besuchen, und zu verlassen, ohne dass meine Seele von einer alles erfassenden Trauer und Hoffnungslosigkeit erdrückt wurde. Mein Abflug im Januar 2018 war nichts anderes als eine Flucht, und als ich dieses mal in Mannheim in den TGV stieg, oder in Frankfurt die Sicherheitskontrollen passierte, fühlte es sich fast an, als ob ich es geschafft hätte, einen Fluch zu brechen, der auf mir lag. Und dann war da ja noch mein Knie. Fast genau ein Jahr nach meinem Unfall in München, einem Zwischenfall der fast zwölf Monate an wechselnden Gesundheitsproblemen, Krankenhausaufenthalten und Reha mit sich brachte, war ich endlich wieder in der Lage, zu reisen. Mein Gesundheitszustand hat sich seitdem nochmals massiv verbessert, aber ich bezweifle, ob dies ohne den „Befreiungsschlag“ dieser Reise so schnell möglich gewesen wäre.
Ich habe aber auch einige wichtige Lektionen mitgenommen, von denen mehrere noch einen eigenen Blogpost bekommen werden. Der wichtigste Punkt hierbei ist, dass Nostalgie keine verlässliche Informationsquelle ist. Die rosarote Brille färbt die Vergangenheit nicht nur schön, sie verzerrt sie oftmals auch. Bei weitem nicht alles in Deutschland, und in Frankfurt ist so positiv, wie ich es in Erinnerung habe. Frankfurt insbesondere wirkt in vielen Teilen abgewirtschaftet und ungepflegt, als ob sich niemand im Römer mehr wirklich Mühe geben würde. Gerade für jemanden wie mich mit meinem lädierten Knie war jedoch die oftmals mangelnde Barrierefreiheit ein absoluter Schock! Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass Bus Éireann ausgerechnet in diesem Bereich überlegen sein würde. Ebenso unerwartet, aber umso willkommener war edie Tatsache, dass sich kontaktloses Bezahlen endlich auch in Deutschland durchgesetzt hatte, etwas ,was noch 2020 wie eine Utopie erschien. Ich hatte Deutschland noch als Bargeld-„Paradies“ in Erinnerung, konnte jedoch fast überall mit meiner Apple Watch zahlen.
Und schließlich ist da noch der Lufthansa-Direktflug von Cork nach Frankfurt. Auch wenn diese Verbindung für meinen Geschmack sieben Jahre zu spät kommt, so stellt sie doch einen massiven Gewinn für den Flughafen Cork da. Der eingesetzte Flugzeugtyp hingegen ist eine Enttäuschung, auch wenn er vermutlich wirtschaftlich Sinn macht. Der CRJ-900 ist aber schlicht und einfach unbequem. Die Kabine ist eng und vor allem schmal, die Sitze sind noch schmaler als in anderen Regionaljets, und die ausklappbare Gangway ist ein Unfallrisiko. Dazu kommt noch, dass es ein sehr „harter“ Flugzeugtyp ist, der jedes Luftloch oder jede Bodenwelle auf der Runway sofort in die Kabine weitergibt.Die fragwürdigen Flugeigenschaften, der behäbige Start und die generell sehr harten Landungen, bei denen die Maschine offenbar nahtlos vom aerodynamischen Flug in den freien Fall übergeht, tun ihr übriges. Trotzdem war dies sicher nicht mein letzter Flug auf dieser Strecke!
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